14’300 gestrandete Passagiere und nun auch noch Omikron: Die Swiss und der Flughafen Zürich kritisieren Reiseregeln
Und da war sie wieder, die Hoffnung in der Reiseindustrie in den letzten Monaten. Dank den Impffortschritten stieg auch die Buchungszahl, die Flugzeuge von Swiss, Easyjet und Co. hoben häufiger ab. Doch dann kam Omikron, und innert weniger Tagen war alles wieder anders. Der Bundesrat reagierte und setzte mehrere Länder auf eine Quarantäne-Liste, darunter auch Grossbritannien.
Die Unsicherheiten sind gross. Auch weil die Aviatikunternehmen davon ausgingen, dass es sich mit den Quarantäne-Regelungen getan hatte. Impfausweise und Testkontrollen hatten sich mehrheitlich etabliert. Omrikon belehrte sie eines Besseren.
Doch dabei möchten sie es nicht belassen. Wie CH Media erfahren hat, haben die drei Landesflughäfen Zürich, Genf und Basel, die Airlines Swiss und Easyjet Switzerland und mehrere Bodenabfertigungsfirmen, wie Swissport oder Gategourmet, diese Woche einen gemeinsamen Brief an den Bundesrat geschrieben – mit deutlichen Forderungen.
Tests auch für geimpfte Personen
Darin verlangen die Konzerne, dass der Bund alle Destinationen, die auf der «Liste der Länder mit besorgniserregender Virusvariante» stehen, davon entfernt werden. Denn inzwischen habe Omikron die Schweiz sowieso schon erreicht. Flugverbote gehörten deshalb aufgehoben, so die Meinung der Absender. Insbesondere innerhalb des Schengen-Raums und für Transfer-Passagiere mit gültigem Covid-Zertifikat müsse die Reisefreiheit weiterhin gelten.
Statt vorsorglichen, pauschalen Reisebeschränkungen fordern die Flughäfen und Airlines eine systematische Teststrategie, die «bei Bedarf auch für geimpfte oder genesene Personen» angewandt werden könnte. Dies gelte auch für die Zukunft, sollten weitere Virusvarianten auftauchen. «Vor der Einführung drastischer Massnahmen müssen verhältnismässigere Alternativen geprüft werden.» Eine Quarantäne-Pflicht dürfe nur als letztes, vorübergehendes Mittel gelten. Während der Flughafen Zürich die Forderungen auf der Online-Plattform Linkedin publiziert hat, will sich die Swiss auf Anfrage nicht weiter dazu äussern. «Wir stehen in konstantem Austausch mit den zuständigen Bundesbehörden, über den Inhalt dieser Gespräche äussern wir uns jedoch nicht», sagt ein Sprecher. Das Lobbying könnte aber Erfolg haben. Wie der «Blick »am Donnerstagabend berichtete, erwägt Gesundheitsminister Alain Berset offenbar, die Quarantäneliste weitgehend aufzugeben.
Drohende USA-Verschärfungen
Tatsächlich warten auf die Luftfahrt weitere Verschärfungen bei den Einreiseregeln. So hat US-Präsident Joe Biden am Donnerstag angekündigt, die Gültigkeitsdauer eines für die Einreise nötigen Covid-Tests ab kommender Woche von 72 auf 24 Stunden zu reduzieren.
USA-Reisenden droht Grounding
Probleme mit Esta-Formular
Dass Flugpassagiere am Boden bleiben, ist nicht immer selbst verschuldetet – insbesondere, wenn die Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika geht. Im Gespräch bestätigt Checkport-Chef Steffen grosse Probleme bei USA-Flügen, wie sie von CH Media kürzlich beschrieben wurden. «Bei jedem zweiten oder dritten Passagier wird inzwischen am Tag des Abflugs das Esta-Formular storniert.» Dieses ist für Nicht-Amerikanerinnen und -Amerikaner nötig, um in die USA einzureisen und ist normalerweise reine Formsache. Seit Pandemieausbruch haben die USA aber ihre willkürlichen Kontrollen verschärft. Diese können zum Teil mehrere Stunden dauern – mit der Folge, dass die Passagiere ihren Flug verpassen, selbst wenn sie alle Dokumente korrekt vorbereitet haben. (bwe)
Immerhin: Die Sicherheitsfirma Checkport, eine Tochterfirma des Bodenabfertigers Swissport, arbeitet am Flughafen Zürich ab Montag mit einem neuen Labor zusammen, das von der Firma «Dr. Risch»-Gruppe betrieben wird, um PCR-Tests noch schneller durchführen zu können. Heute dauert es zwischen 3 und 5 Stunden, bis das Resultat vorliegt. Der Preis: Zwischen 99 und 219 Franken.
PCR-Resultate innert 45 Minuten
Das neue Labor wurde am Donnerstag den Medien vorgestellt. Damit sind PCR-Testresultate bereits in 45 Minuten verfügbar. Der Preis dafür ist noch nicht definiert. Die neuen Kapazitäten erlauben bis zu 15000 Proben pro Woche. Checkport-Chef Daniel Steffen betont, dass er sich davon eine deutliche Vereinfachung des Reiseprozesses erhofft, denn dieser sei nach wie vor oft mit Komplikationen verbunden. «Seit Januar mussten wir in Zürich rund 14300 Passagiere abweisen, weil sie nicht die korrekten Dokumente auf sich hatten.» Manchmal sei der PCR-Test nicht mehr gültig, oder er habe die falsche Sprache.
Die Zahl dieser gestrandeten Passagiere entspricht rund 2 Prozent aller Kurzstrecken-Reisenden und 5 Prozent aller Langstrecken-Gäste. Laut Steffen sei ein Grossteil davon Transit-Passagiere. «Wenn ein Inder heute über Zürich nach Kanada fliegt, muss er hier nochmals einen PCR-Test machen, was mehrere Stunden dauert.» In der Regel müssten diese Passagiere dann eine Nacht im Transit-Bereich verbringen.
Aus Vielfliegern werden Anfänger
Doch es sind auch Schweizer Passagiere, die abgewiesen werden, weil sie die Regeln vor dem Abflug nicht genau gelesen haben, online einchecken und ohne Dokumentenkontrolle direkt zum Gate gingen. Oder wie es Swiss-Operationschef Oliver Buchhofer sagt: «In dieser Pandemie sind auch Vielflieger wieder zu Anfängern geworden. Die Zeiten, als man eine halbe Stunde vor Abflug am Flughafen erscheinen konnte, sind definitiv vorbei.»