5 Millionen Franken gestohlen: Cyberkrimineller wird angeklagt
Die Masche war immer dieselbe. Die Täter kontaktierten in der Schweiz ansässige Unternehmen und gaben sich als Angestellte einer Bank aus. Unter dem Vorwand, das E-Banking-System anzupassen, verschafften sie sich Zugang zum Computer der geschädigten Firma. Das geschah mittels einer Fernsteuerungssoftware, die unbemerkt installiert wurde. In der Folge zweigte die kriminelle Bande mehrfach hohe Summen ab. So betrog sie sieben Schweizer Firmen um insgesamt mehr als 5 Millionen Franken.
So beschreibt die Bundesanwaltschaft (BA) den Fall. Wie die Behörde am Dienstag bekannt gab, hat sie Anklage gegen einen den Drahtzieher erhoben. Der französisch-israelische Doppelbürger soll Teil der Gruppe gewesen sein und den Zugang zum Computer der Opfer ermöglicht haben. Er habe durch diese Vorarbeit «aktiv einen wesentlichen Beitrag» zur Veruntreuung der Gelder geleistet, heisst es in der Mitteilung.
Die Gruppe, die vermutlich von Israel aus operierte, war von Dezember 2016 bis August 2018 in der Westschweiz aktiv. Im Juni 2017 trat dann die BA auf den Plan und eröffnete auf Ersuchen der Neuenburger Staatsanwaltschaft, die bis zu jenem Zeitpunkt ein entsprechendes Verfahren führte, eine Untersuchung gegen unbekannt. In der Folge übernahm sie mehrere Verfahren und vereinte sie in einem schweizweiten Strafverfahren.
Langwierige Ermittlungen
Die Behörde brauchte indes einen langen Atem. Bis zur Anklage waren umfassende Ermittlungen notwendig. Diese geschahen in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei (Fedpol), den Banken der geschädigten Unternehmen, den Kantonen und anderen Ländern.
Dass der Angeklagte den Behörden ins Netz ging, ist laut BA dieser Kooperation zu verdanken. Im Oktober 2021 stellte die Schweiz einen internationalen Haftbefehl gegen den Beschuldigten aus. Einige Monate später, im Februar 2022, wurde er am Flughafen von Newark im US-Bundesstaat New Jersey verhaftet und an die Schweiz ausgeliefert. Im Dezember 2022 kam er gegen Kaution frei.
Die Bundesanwaltschaft klagt den Mann wegen unbefugter Datenbeschaffung, des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem sowie des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage an. Die Strafanträge möchte sie anlässlich der Verhandlung in Bellinzona publik machen.
Weitere Täter flüchtig
Ein Wermutstropfen bleibt. Trotz der jahrelangen Ermittlungen und zahlreichen Rechtshilfegesuche konnten die weiteren Mitglieder der Gruppe nicht identifiziert werden.
Doch dank Telefonüberwachung habe die Bundesanwaltschaft weitere potenzielle Opfer identifizieren und warnen können, bevor es den Tätern gelang, weiter Geld von ihren Konten abzuziehen. Als Folge konnten weitere missbräuchliche Überweisungen in Höhe von rund 3 Millionen Franken verhindert werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesanwaltschaft Anklage wegen Cyberkriminalität erhebt. Letzten September hat sie dies im Falle eines Mannes getan, der als mutmasslicher Kopf einer kriminellen Gruppierung von Indien aus 85 Kunden von Schweizer Banken und Fluggesellschaften um rund 135’000 Franken betrogen hatte.