«Ich bin ja schon geboostert»: Die Schweizer Einkaufstouristen lassen sich von 3G nicht abschrecken
Mit der Einstufung der Schweiz als Hochrisikogebiet seit Sonntag muss bei der Einreise jeder und jede entweder ein Impf-, Genesenen- oder Testnachweis bei sich führen. Ohne 3G geht also nichts mehr in Sachen Einkaufstourismus.
«Ja, davon habe ich gehört», sagt ein junger Mann mit einem AG-Kontrollschild an seinem Wagen. Er hat gerade in Bad Säckingen eingekauft und will sich jetzt den Ausfuhrschein an der Zollstelle Bad Säckingen/Stein abstempeln lassen. Er kann sofort rein, kommt gleich an die Reihe, muss sich in keine Warteschlange stellen.
Grenzwacht ist nicht präsent
Aber er sagt: «Die neuen Einreisebestimmungen gehen mich nichts an. Ich wohne zwar im Aargau, habe aber einen deutschen Pass.» Sagt es und braust Richtung Stein davon. Kontrollen finden an diesem Dienstagvormittag keine statt. Weder Zoll und Polizei aus Deutschland noch die schweizerische Grenzwacht sind präsent.
Wanda Borer aus Eiken hätte nichts zu befürchten, selbst wenn Kontrollen stattgefunden hätten. Sie betrifft das neue Grenzregime nicht. Sie sagt:
«Ich habe ja sogar schon die dritte Impfung, bin also geboostert und damit auf der sicheren Seite.»
Auch keine Probleme mit den deutschen Ordnungshütern hätte ein Ehepaar aus Aarau, das auf dem Bad Säckinger Brennet-Areal parkiert, wo ein Detailhändler und mehrere Discounter ein Magnet für Schweizer Einkaufstouristen sind. Er sagt, er sei bereits dreifach geimpft. Bei ihr wäre die Frist nach der Zweitimpfung noch zu kurz dafür, erzählt sie. Sie wolle die dritte Impfung aber auch bald machen.
Zwei oder schon drei Mal geimpft
Die Impfquote von rund 75 Prozent bei den über 12-Jährigen im Aargau scheint sich also auch beim Einkaufstourismus bemerkbar zu machen. Wen man auch fragt – alle erzählen, dass sie doppelt geimpft seien. Niemand ist darunter, der sagt, er habe sich für die Einkaufstour eigens testen lassen. Und natürlich gibt es auch keinen, der zugeben würde, womöglich ganz ohne Zertifikat über die Grenze gefahren zu sein.
Die Einstufung der Schweiz zum Hochrisikogebiet – in Bad Säckingen hat das den Einkaufstourismus nicht zum Erliegen gebracht. Für einen Dienstagmorgen ist der Brennet-Parkplatz gut belegt, auch von Autos mit Schweizer Kontrollschildern. AG, SO, LU sind am häufigsten darunter.
Von Paketshop in den Drogeriemarkt
Auch in der Lohgerbe-Einstellhalle in der Bad Säckinger Innenstadt gibt es nur noch in den oberen Etagen Parkplätze. Ein Ehepaar aus dem Kanton Bern hat darin sein Auto abgestellt. Gerade haben sie beim Paketshop ein Päckli abgeholt, jetzt wollen sie noch zum Drogeriemarkt.
Auch bei My-Paketshop-Inhaber Simon Kühn haben die neuen Einreisebestimmungen noch nicht gross auf den Umsatz geschlagen. Seine Kundinnen und Kunden kommen weiterhin – so wie das junge Paar aus dem Kanton Zürich, das eine ganze Wagenladung voll Päckli abholt und auch schon doppelt geimpft sei.
Kühn glaubt, dass sie weiterhin kommen, auch in Erwartung dessen, dass sich das Grenzregime nochmals verschärfen könnte – Torschlusspanik quasi. Kühn sagt:
«Meine Kundinnen und Kunden sind einfach unsicher, ob die Grenzen wieder faktisch schliessen.»
Um die Flut an E-Mail- und Telefon-Anfragen, die er in der letzten Zeit bekommen habe, zu bearbeiten, könnte er eigens jemanden einstellen. «Die Verwirrung ist riesengross», sagt Simon Kühn.