2G-Entscheid: Harte Kritik von der SVP, Unterstützung von SP und FDP
Ab dem Montag gilt es ernst: Wer nicht geimpft oder als genesen registriert ist, kann sich nicht mehr «freitesten» und wird von einem Grossteil des öffentlichen Lebens ausgeschlossen. Wie die ersten Reaktionen vom Freitag zeigen, ist dieser Schritt bei Parteien und Verbänden weitgehend unumstritten. Viel mehr zu reden gibt die Einführung der Homeoffice-Pflicht, die in der Wirtschaftswelt für Unmut sorgt.
Grundsatzkritik an der Politik des Bundesrates gibt es nur vonseiten der SVP. Sie bezeichnet die Massnahmen in einer ersten Stellungnahme als «reine Symbolpolitik», die lediglich eine Scheinsicherheit schaffe. Der Bundesrat führe mit 2G die Impfpflicht durch die Hintertür ein, heisst es in der Mitteilung: «Nach dem Ja zum Covid-Gesetz am 28. November scheint der Bundesrat jedes Mass zu verlieren.» Mitverantwortlich dafür sei eine «ungenierte Komplizenschaft von Medien und Politik», so die Mitteilung weiter: Die Medienhäuser profitierten von Millionenzahlungen für die Impfkampagne, machten Stimmung für immer härtere Massnahmen und berichteten «völlig unkritisch».
Auf der linken Seite des politischen Spektrums herrscht dagegen verhaltene Zufriedenheit. Für SP geht die Strategie des Bundesrates «in die richtige Richtung», wie sie per Twitter kommunizierte. Nun müsse aber unbedingt die Impfkampagne verstärkt werden, insbesondere für die Auffrischimpfungen, fordern die Sozialdemokraten. Zuwenig weit geht der Bundesrat nur den Grünen: Dass auf weitere Schliessungen von Innenbereichen verzichtet werde, sei «gewagt», kommentierte Präsident Balthasar Glättli ebenfalls auf Twitter.
FDP und Gewerbeverband gegen Homeoffice-Pflicht
Auch die FDP äussert Verständnis für die Massnahmen, gibt sich aber kritisch. 2G sei vernünftig, ein staatlich verordnetes 2G+ dagegen nicht, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Für die FDP sei klar, dass sie sowohl eine generelle als auch eine teilweise Impfpflicht ablehne. Falsch finden die Freisinnigen die Homeoffice-Pflicht. Sie liegen damit auf einer Linie mit den Wirtschaftsverbänden.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) kritisiert diese als nicht verhältnismässig. Er betont aber, dass gemäss der ab Montag geltenden Regelung immer noch der Arbeitgeber allein entscheide, wann und ob die Arbeit abseits des Betriebs erfolge. Damit respektiere der Bundesrat die Hoheit der Arbeitgeber. Der SGV fordert, dass diese die Homeoffice-Pflicht nun ohne «bürokratischen Kontrollen» umsetzen können. Etwas moderater gibt sich der Wirtschaftsverband Economiesuisse. Die Homeoffice-Pflicht könne nur eine temporäre Notlösung sein, schreibt Chefökonom Rudolf Minsch in einer Medienmitteilung. Die Economiesuisse sei aber bereit, diese Massnahme mitzutragen.
Wirtschaft befürchtet weitere Schäden
Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) ist die Homeoffice-Pflicht schlicht« überflüssig», wie er nach der Medienkonferenz des Bundesrates mitteilte. Wo möglich, würde diese Massnahme von den Arbeitgebern bereits heute freiwillig umgesetzt. Insgesamt müssten die Massnahmen zeitlich auf ein absolutes Minimum befristet werden, schreibt der SAV weiter. Es seien weitere wirtschaftliche Schäden zu befürchten. Die Verlängerung der Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft sei deshalb unumgänglich.
Unterstützung findet die Homeoffice-Pflicht von gewerkschaftlicher Seite. Diese solle aber pragmatisch umgesetzt werden, schreibt der Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber gelte nämlich auch bei der Heimarbeit. Begrüsst wird auch die Verlängerung der Verordnung zum Corona-Erwerbsersatz. «Berufstätige Eltern, welche von Quarantäne-Massnahmen betroffen sind, sollen den Erwerbsersatz in Anspruch nehmen», schreibt Travail Suisse. «Kündigungsdrohungen, Ferienkürzungen oder die Aufforderung zu Nachtarbeit sind nicht zulässig», so die Reaktion weiter: Der Bundesrat müsse hier klarer und offensiver kommunizieren. Auch brauche es vielerorts bessere Schutzkonzepte am Arbeitsplatz.
Der Branchenverband Gastrosuisse zeigt sich erleichtert, dass in der Gastronomie auf 2G+ verzichtet wurde, übt aber dennoch Kritik an den Massnahmen. «Wir bedauern, dass einmal mehr primär das Gastgewerbe mit Sanktionen belegt wird und Bund und Kantone bei anderen Lebensbereichen die Augen verschliessen, obschon dort nachweislich mehr Ansteckungen verzeichnet werden», wird Präsident Casimir Platzer in einer Mitteilung vom Freitag zitiert. Gastrosuisse fordert deshalb eine Entschädigung für die Umsatzausfälle. Diese zeichneten sich nämlich bereits jetzt ab. Ins gleiche Horn stösst der Schweizer Tourismus-Verband. Trotz der leichten Lockerung der Einreisebestimmungen könne es sein, dass Härtefallprogramme bis Ende 2022 notwendig seien.