Omikron: Regeln ändern oder die halbe Bevölkerung in Quarantäne schicken?
Weil die Fallzahlen stark ansteigen, stellen sich neue Fragen zur Quarantäne. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt, dass jede Person, die Kontakt hatte mit einer Omikron-infizierten Person, für zehn Tage in Quarantäne geht. Ganz egal, ob diese geimpft oder genesen ist. Das nennt man Kontaktquarantäne.
Aber: Bei so hohen Fallzahlen werden Isolation und Quarantäne zum Problem. Das sagt auch der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri: «Falls sich wissenschaftlich tatsächlich erhärtet, dass Omikron zu milderen Verläufen führt, muss man die geltenden Quarantäne- und Isolationsregeln überdenken. Steckt man aufgrund der massiven Verbreitung von Omikron die halbe Bevölkerung in die Quarantäne, kommt dies quasi einem Lockdown gleich und es kann in gewissen Branchen zu Problemen führen, weil Arbeitnehmende ausfallen.»
Lockerungen in den USA und Grossbritannien
Das haben auch die amerikanischen Gesundheitsbehörden erkannt und die Isolationszeit für Infizierte halbiert. Das heisst, positiv getestete Personen müssen nur noch fünf statt zehn Tage in die Quarantäne. Dieser Schritt könnte Fluggesellschaften und anderen Unternehmen helfen, den durch die Krankheit bedingten Personalmangel zu mildern, wie die amerikanische Gesundheitsbehörde mitteilte. Auch die britische Regierung verkürzte die Quarantäneregeln noch vor Weihnachten, weil Arbeitnehmende in vielen Bereichen ausfielen. In Grossbritannien können sich Infizierte nach sieben Tagen wieder aus der Isolation testen.
Eine verkürzte Isolations- und Quarantänezeit findet auch hierzulande Anklang. Denn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz warnt vor Ausfällen in der kritischen Infrastruktur des Landes. Besonders gross sei das Risiko in der Lebensmittelversorgung oder im Gesundheitswesen. Daher schlägt Rudolf Hauri vor: «Als Ultima Ratio könnte man die Isolation für positive getestete Asymptomatische auf fünf oder sechs Tage verkürzen, allenfalls begleitet von Schutzmassnahmen.» Denn Infizierte ohne Symptome scheinen nachher in der Regel weniger infektiös zu sein, so Hauri.
Hohe Dunkelziffer
In der Schweiz geht der Trend aber in eine andere Richtung. Der Kanton Tessin etwa hatte letzte Woche angekündigt, alle Kontaktpersonen von Omikron-Infizierten in die Quarantäne zu schicken. Auch andere Kantone wenden diese Empfehlung des BAG an. Allerdings gibt es bei dieser Regelung eine weitere Schwierigkeit. So ist es bei einer Ansteckung nicht ganz einfach zu prüfen, ob es sich um Omikron oder Delta handelt. Bis entsprechende Analysen aus dem Labor kommen, kann es mehrere Tage dauern. Nur etwa zehn Prozent der Proben werden derzeit auf Omikron sequenziert. Das heisst, ob die vielen Ansteckungen hauptsächlich Omikron-Fälle sind, ist zwar anzunehmen, aber schwierig zu messen. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Das Gesundheitsdepartement des Kantons Zürich geht davon aus, dass die Hälfte der bestätigten Fälle auf Omikron zurückzuführen sind.
Was tun? Hält das BAG an der Spezialregel für Omikron fest? Sie stammt von Anfang Dezember, als der erste Omikron-Fall in der Schweiz bekannt wurde. Das BAG äussert sich wohl am Dienstagnachmittag dazu.