Isolation und Quarantäne dauern nur noch fünf Tage und könnten bald ganz wegfallen – was der Bundesrat beschlossen hat und welche Ideen er prüft
Erstmals seit fast vier Wochen hat sich der Bundesrat am Mittwoch wieder mit Medienkonferenz an die Öffentlichkeit gewandt. Viel ist seither passiert: Die Omikron-Variante sorgt für noch nie dagewesene Neuinfektionswerte. Doch die Hospitalisierungen sind im Vergleich tief geblieben, eine Überlastung der Intensivpflegestationen (IPS) konnte – auch dank der Verschiebung von Eingriffen – vermieden werden.
Die bundesrätlichen Entscheide von Mitte Dezember seien rückblickend richtig gewesen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset (SP): «Wir haben uns an den Fakten orientiert und auf Symbolpolitik verzichtet.» Sollte sich die Lage verschlechtern, werde der Bundesrat aber sofort reagieren, versicherte Bundespräsident Ignazio Cassis. Zum jetzigen Zeitpunkt verzichtet der Bundesrat auf neue Massnahmen: «Die Situation in den Spitälern zwingt uns nicht zu Verschärfungen.» Dennoch hat die Landesregierung Entscheide getroffen und legt den Kantonen neue Vorschläge zur Konsultation vor.
Quarantäne und Isolation werden kürzer
Bereits ab heute wird die Dauer der Isolation und Quarantäne auf fünf Tage gesenkt. Diese dauerte bisher zehn beziehungsweise sieben Tage. Begründet wird dies mit dem bei Omikron kürzeren Abstand zwischen Infektion und Weitergabe des Virus und dem Druck auf die Wirtschaft wegen den vielen Personen in Quarantäne.
Damit sie die Isolation beenden können, müssen Infizierte wie bisher 48 Stunden symptomfrei sein. In Quarantäne müssen nur noch Personen, die mit Infizierten im gleichen Haushalt oder ähnlich engen Konstellationen wie Patchworkfamilien zusammenleben. Wer vor weniger als vier Monaten zuletzt geimpft wurde oder genesen ist, muss nicht mehr in Quarantäne.
Radikaler Systemwechsel bei der Quarantäne möglich
Der Bundesrat schickt umfassende Regeländerungen in die Konsultation: Er will von den Kantonen wissen, was sie von einem Systemwechsel weg von Quarantäne und Isolation als behördlicher verfügter Massnahme hin zu einer eigenverantwortlichen Selbstisolation und Selbstquarantäne halten. Ebenso prüft der Bundesrat, die Quarantäneregeln «angesichts der hohen Viruszirkulation vorübergehend» auszusetzen.
Bestehende Massnahmen sollen verlängert werden
Mit Verweis auf die weiterhin kritische und schwierig einschätzbare epidemiologische Lage will der Bundesrat die bestehenden Massnahmen bis zum 22. März verlängern. Dazu gehören die 2G-Pflicht für Restaurants, 2G-Plus-Regeln für Discos oder Sportaktivitäten im Innern, die Homeoffice-Pflicht und die Einschränkungen bei privaten Treffen.
Das Zertifikat soll nur noch neun Monate gültig sein
Per 1. Februar will der Bundesrat die Gültigkeitsdauer des Covid-Zertifikats für Geimpfte und Genesene auf 270 Tage nach der letzten Impfdosis bzw. der letzten Infektion beschränkt. Mit dem Nachvollzug eines EU-Beschlusses will er sicherstellen, dass Schweizer Zertifikate in der EU weiterhin gültig bleiben.
Schärfere Maskenregeln im ÖV und draussen geprüft
Der Bundesrat stellt eine Maskenpflicht ab 8 Jahren (bisher: 12 Jahre) und bei Menschenansammlungen im Freien zur Debatte, etwa an Haltestellen, in Warteschlangen von Skiliften oder bei Grossveranstaltungen. Ausserdem könnte es im ÖV ein Konsumationsverbot im Ortsverkehr geben.
Antigen-Testzertifikate könnten bald verschwinden
Angesichts der hohen Fallzahlen geraten die Labors zunehmend an Kapazitätsgrenzen, insbesondere bei den PCR-Tests. Der Bundesrat will von den Kantonen wissen, welche Priorisierung aus ihrer Sicht «sinnvoll und praktikabel» sei. Aufgrund von Hinweisen auf die geringeren Zuverlässigkeit der Antigen-Schnelltests bei Omikron-Infektionen wirft der Bundesrat ausserdem die Frage auf, ob auf das Ausstellen von Testzertifikaten verzichtet werden soll. Damit stünden 2G-plus- und 3G-Zugangsregeln zu Lokalen und Events steht zur Debatte.
Genesene und Geimpfte könnten ohne Test einreisen
Bisher muss bei der Einreise in die Schweiz mit wenigen Ausnahmen ein negatives Testresultat vorliegen. Nun will der Bundesrat wissen, ob die Kantone einverstanden wären, wenn Geimpfte und Genesen angesichts der hohen Inzidenzen in der Schweiz wieder von dieser Pflicht befreit würden.
Die Hörsäle sind möglicherweise schon bald wieder verwaist
Analog zur Homeoffice-Pflicht will der Bundesrat von den Kantonen wissen, was sie vom obligatorischen Fernunterricht auf der Teritärstufe halten, sprich an Universitäten und Fachhochschulen.
Bei Grossveranstaltungen sind die Kantone am Drücker
Die Bilder des Publikumsauflaufs bei den Skirennen in Adelboden lösten international Erstaunen aus. Doch schlägt der Bund keine eigenen Massnahmen vor bezüglich Grossanlässen. Er will aber von den Kantonen wissen, ob sie dafür eigenständig Kapazitätsbegrenzungen oder andere Einschränkungen prüfen.