Preisüberwacher schlägt Alarm: Laboranalysen sind in der Schweiz bis zu 31 Mal teurer als im Ausland
Von 2010 bis 2019 stiegen die Kosten der Laboranalysen von 910 Millionen auf 1,5 Milliarden Franken pro Jahr. Dazu kommen die Kostenbeteiligungen und direkten Ausgaben der privaten Haushalte, die sich in der Zeit auf 781 Millionen Franken verdreifacht haben. Die Schweizer Preise für Laboranalysen übersteigen mittlerweile diejenigen im Ausland deutlich, wie ein am Donnerstag veröffentlichter Vergleich von Preisüberwacher Stefan Meierhans ergeben hat. Dabei haben sich teilweise unverhältnismässige Unterschiede gezeigt
Der Preisüberwacher verglich die Tarife der Schweiz mit jenen von Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Angeschaut hat er die zehn medizinischen Analysen, welche die höchsten Kosten verursachen. So ist beispielsweise eine Kreatinin-Analyse zur Diagnose oder Überwachung einer Niereninsuffizienz in Schweizer Labors 18 Mal teurer als in Deutschland. Ein kleines Blutbild kostet gemäss Bericht in einem Schweizer Praxislaboratorium gar 31 Mal mehr.
Preisüberwacher empfiehlt umfassende Reform
Im Schnitt sind die Analysen in den spezialisierten Labors der Schweiz 2,3 mal teurer als in den Vergleichsländern. Die Tarife der Praxislaboratorien sind 4,5 mal höher. Während die Schweiz lange mit einer Überarbeitung ihrer Tarifstruktur zugewartet habe, hätten die Nachbarländer bereits «tiefgreifende strukturelle Reformen auf dem Markt für medizinische Analysen hinter sich», so der Preisüberwacher. Würden die Schweizer Tarife an den Durchschnitt von Frankreich, Deutschland und den Niederlanden angepasst, ergäbe sich für das Jahr 2020 ein Sparpotenzial von 1,5 Milliarden Franken.
Um dieses Sparpotenzial zu verwirklichen, braucht es laut Stefan Meierhans aber mehr als nur eine Revision der Tarifstruktur. «Vielmehr braucht es eine vertiefte Analyse der Struktur des Leistungsangebots im Bereich der medizinischen Analysen in der Schweiz und darauf aufbauend eine umfassende Reform.» Meierhans empfiehlt dem Bund die Festlegung der Tarife auf Grundlage eines Auslandspreisvergleichs, wie dies bereits bei Medikamenten der Fall ist. Zudem brauche es eine Überprüfung der Tarifdifferenzierung zwischen Praxislaboratorien und spezialisierten Labors.
Verband kritisiert Vergleich scharf
Der Verband der medizinischen Laboratorien der Schweiz kritisiert den Bericht des Preisüberwachers derweil auf der ganzen Linie. Zunächst sei es «unverständlich und nicht nachvollziehbar», dass sich der Preisüberwacher gerade jetzt zu den Laborkosten äussere, heisst es in einer Mitteilung. Denn es laufe bereits der Prozess zur Revision der Analyseliste, den das Bundesamt für Gesundheit Ende 2020 eingeleitet hat. Im Rahmen dieser Revision solle auch ein Auslandsvergleich durchgeführt werden.
Weiter kritisiert der Verband insbesondere den Vergleich mit Deutschland. Dort finde die Kostenerstattung für Kassenpatienten auf der Basis «riesiger Auftragsmengen» statt, was verglichen zur Schweiz zu deutlich geringeren Kosten führe. Der Auslandvergleich mit ausschliesslicher Betrachtung der Tarife sei zudem gerade im Bereich der Laboranalysen nicht aussagekräftig, heisst es weiter. «Wenn schon gilt es das allgemeine Preis- und Kostenniveau mit zu berücksichtigen.» So seien Mieten, Transporte und Löhne hierzulande höher als im europäischen Ausland.
Das Kostenwachstum bei den Speziallabors entspreche zudem dem Durchschnitt der allgemeinen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und «widerspiegelt die Altersstruktur und den medizinischen Fortschritt», so der Verband. Die dezentrale Versorgung in der Schweiz ermögliche «rasche und patientennahe Reaktionszeiten».