Giezendanner zum AKB-Streit: «Regierung kann Verantwortung für milliardenschwere Beteiligungen wohl nicht alleine tragen»
«Ein sehr konstruktiver und positiver runder Tisch hat stattgefunden und alle Parteien bleiben im Gespräch.» Das teilte Patricia Kettner, Generalsekretärin im Finanzdepartement, nach dem Treffen von Finanz- und Volkswirtschaftsdirektor mit den Spitzen der Aargauischen Kantonalbank (AKB), des Gewerbeverbandes und der Handelskammer am letzten Freitag mit. Die beiden Wirtschaftsverbände hatten zuvor die Sistierung der nachhaltigen Kreditregeln der AKB und einen festen Sitz im Bankrat der Kantonalbank gefordert.
«Beide Seiten anerkennen die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts und die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit und tragen ihren Teil zur künftigen Lösung bei», hielt Kettner weiter fest. Die unverbindliche Aussage lässt darauf schliessen, dass die Forderungen der Wirtschaftsvertreter am runden Tisch zwar diskutiert, aber nicht erfüllt wurden. Weil auch die Präsidenten von Handelskammer und Gewerbeverband zum Inhalt der Gespräche schweigen, ist derzeit offen, ob es Zugeständnisse der AKB oder des Regierungsrats gab.
Giezendanner: Wogen mit dem runden Tisch kurzfristig geglättet
Eher dagegen spricht ein Beitrag von Gewerbeverbandspräsident Benjamin Giezendanner in der aktuellen Ausgabe der «Aargauer Wirtschaft». In seinem «Wort des Präsidenten» hält er fest, die AKB habe mit der Ankündigung, nach einer Übergangsfrist bestimmte gewerbliche und industrielle Branchen von der Kreditvergabe auszuschliessen, eine heftige Diskussion um den Auftrag des Staatsinstituts losgetreten. Giezendanner schreibt weiter:
«Die Tragweite der Strategieanpassung hat der federführende Finanzdirektor Markus Dieth bisher wesentlich verkannt und mit dem alten Polittrick eines runden Tisches die Wogen vielleicht kurzfristig leicht geglättet.»
Der Gewerbepräsident und SVP-Nationalrat sieht den Streit um die neuen Kreditrichtlinien der AKB damit nicht als gelöst an – und er ortet ein grundsätzlicheres Problem. Giezendanner schreibt, die weitreichende Strategieanpassung der AKB habe die Kantonsregierung «in lediglich zwei Sitzungen besprochen und anhand von 38 Wörtern unter dem schwammigen Absatz ‹Nachhaltigkeit› durchgewunken». Damit zeige der Regierungsrat, «dass er die Verantwortung über milliardenschwere Beteiligungen wohl nicht alleine tragen kann».
Soll auch der Grosse Rat bei Firmen im Kantonsbesitz mitreden?
Giezendanner nimmt die Diskussion zum Anlass, «die politische Führungsfähigkeit des Regierungsrates bezüglich des Instruments der Eigentümerstrategie zu hinterfragen». In diesen Strategiepapieren werden Richtlinien und Grundsätze für Unternehmen im Kantonsbesitz wie AEW Energie AG, Kantonsspitäler Aarau und Baden, oder eben die AKB festgeschrieben.
Der Gewerbepräsident findet es «ernüchternd, dass die Strategie im kleinen, regierungsrätlichen Kreis besprochen und festgelegt wird». Dieser Prozess müsste laut Giezendanner dringend reformiert werden, «wobei mindestens die vorberatenden Kommissionen konsultierend einbezogen werden müssten und der Grosse Rat als Vertretung der Eigentümer, also des Volkes, diese Strategien festlegen müsste. Maximal wäre es wünschenswert, wenn die Legislative sogar Änderungen vornehmen könnte», findet der Gewerbepräsident.
Finanzdirektor sieht keinen Anlass, die Zuständigkeiten zu ändern
Mit der Kritik von Giezendanner konfrontiert, sagt Finanzdirektor Markus Dieth: «Die Eigentümerstrategien werden durch den Regierungsrat in einem aufwendigen Vorgehen in Absprache mit den Beteiligungen erstellt und beschlossen.» Gemäss Verfassung und Gesetz sei die Regierung die oberste vollziehende Behörde des Kantons und beschliesse Beteiligungen an Unternehmungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. «Demnach ist der Regierungsrat allein für die Eigentümerstrategien zuständig, das Gesetz sieht keine anderen Vorgaben vor.»
Dieth betont, seit 2005 sei gesetzlich festgelegt, dass zur Vermeidung von Interessenkonflikten keine Vertreter des Grossen Rats, des Regierungsrats und der Verwaltung im AKB-Bankrat sitzen sollten. Er hält fest:
«Entsprechend soll der Grosse Rat auch bei der Ausgestaltung von Eigentümerstrategien zur AKB oder anderen Beteiligungen keinen Einfluss nehmen. Die Kompetenz soll beim Regierungsrat liegen.»
Diese Entflechtung der Aufgaben entspricht laut Dieth einer modernen Public Corporate Governance, wie sie im Aargau seit über 15 Jahren für alle Beteiligungen des Kantons praktiziert wird. Dieses Modell habe sich beim Bund und bei vielen anderen Kantonen durchgesetzt und bewährt.
Der Finanzdirektor sagt weiter, die AKB erwirtschafte seit Jahren ausgezeichnete Ergebnisse und liefere dem Kanton hohe Erträge ab. Der Grosse Rat hat erst im Jahr 2020 eine Privatisierung der Kantonalbank deutlich abgelehnt. «Somit verbleibt die AKB eine staatliche Institution mit Staatsgarantie und die im Gesetz festgelegten Zuständigkeiten werden derzeit nicht geändert», fasst Dieth zusammen.
Regierungsrat unterstützt nachhaltige Ausrichtung der AKB
Zu den umstrittenen Kreditregeln der AKB sagt Dieth, im kantonalen Entwicklungsleitbild sei Nachhaltigkeit als strategisches Ziel verankert. Die Strategie der Kantonalbank stehe im Einklang mit den Zielsetzungen und Stossrichtungen des Entwicklungsleitbilds 2021–2030. Auch in der umfangreichen Eigentümerstrategie zur Führung der AKB gibt es einen Abschnitt zur Nachhaltigkeit.
Darin heisst es: «Das Thema Nachhaltigkeit erhält in der Bevölkerung, insbesondere im Klimabereich, einen steigenden Stellenwert. Die Bank orientiert sich nach den ganzheitlichen ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) sowohl als Unternehmen wie auch im Dienstleistungs- und Produktangebot.» Festgelegt ist auch die Position des Kantons zur Nachhaltigkeitsstrategie der AKB: «Der Eigentümer unterstützt diese konsequente Ausrichtung.»