SVP-Angriff auf SRG: Initiative will Gebühr auf 200 Franken reduzieren
Spätestens nachdem das Stimmvolk das Mediengesetz gebodigt hat, ist bei der Medienförderung Feuer unter dem Dach. Bürgerliche Politiker wollen die Gunst der Stunde nutzen und planen einen Angriff auf das grösste Medienhaus der Schweiz, die SRG. CH Media enthüllte die Pläne der SVP bereits zuvor. Am Dienstag traten nun Vertreter von SVP, Gewerbeverband und Jungfreisinnigen vor die Medien, um die Initiative «200 Franken sind genug!» zu lancieren.
Konkret will die Initiative die Radio- und Fernsehgebühren von heute 335 Franken pro Haushalt und Jahr auf 200 Franken beschränken. Dies kommt gemäss dem Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter allen zugute: «Mit unserer Gebührenreduktion auf 200 Franken bleibt den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Firmen mehr Geld im Portemonnaie.»
Umverteilung zwischen den Generationen
Doch insbesondere Jüngere würden von der Initiative profitieren, so Matter weiter. «Die jüngere Generation muss seit Jahren ein Angebot finanzieren, dass sie nicht konsumiert.» Es handle sich dabei um eine Umverteilung von der jungen an die ältere Generation.
Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen, pflichtete Matter bei: «Wir Jungen bezahlen ein Angebot, das wir kaum kennen und im Wesentlichen nicht nutzen.» Das heutige Konsumverhalten der Menschen sei anders als noch vor 20 Jahren. Vor allem Junge nutzen und konsumieren laut Müller viele Kanäle und Inhalte digital sowie zeitungebunden.
Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), betonte, dass sich sein Verband von Anfang an gegen die «unsinnige Abgabe» an die SRG gewehrt habe. «Die Abgabe widerspricht dem steuerrechtlichen Grundsatz, Doppelbesteuerungen zu vermeiden.» Denn die Unternehmerinnen und Unternehmer würden die Gebühr bereits als Privatpersonen bezahlen, so Bigler weiter.
Deutschsprachiges Angebot kürzen
Die SRG begründet die Höhe ihrer Gebühren auch damit, dass sie hierzulande das einzige Medienunternehmen ist, das mediale Inhalte in allen vier Landessprachen produziert. Die Volksinitiative des bürgerlichen Komitees will hingegen den sprachlichen Minderheiten durch einen Finanzausgleich gleichwertige Programme, wie jene des Deutschschweizer Radios und Fernsehens SRF, ermöglichen.
Dazu soll das deutschsprachige Angebot von SRF gemäss SVP-Präsident Marco Chiesa gekürzt werden. «Da der Wettbewerb in der Deutschschweiz besser spielt als beispielsweise im Tessin, soll vor allem das deutschsprachige SRF massiv zurückgestutzt werden», sagte er.
Gegner sprechen von «Frontalangriff» auf Service Public
Während die SVP und ihre bürgerlichen Alliierten die Initiative lanciert haben, mobilisieren sich auch die Verfechter der SRG. Jüngst ist eine neue, parteiübergreifende Allianz in Erscheinung getreten, zu der Vertreterinnen und Vertreter von FDP, Die Mitte, Grüne, SP, GLP und EVP gehören. Die «Allianz Pro Medienvielfalt» schreibt in einer Stellungnahme vom Dienstag, dass die SVP faktisch eine «No Billag 2» präsentiere. Dabei habe das Volk die Initiative vor vier Jahren mit 71,6 Prozent abgelehnt.
Gemäss Damian Müller, Luzerner FDP-Ständerat und Co-Präsident der Allianz, zeige gerade der Krieg in der Ukraine, wie wichtig Journalismus sei. «So agieren die russischen Medien als Propagandakanäle von Putins Regime. Wir in der Schweiz haben hingegen Zugang zu unabhängiger Information», sagte er. Die Allianz kritisiert, dass die Initiative das Angebot an Information, Kultur und Sport drastisch reduzieren würde.
Auch vonseiten der Gewerkschaften kommt Gegenwehr, namentlich vom Schweizer Syndikat Medienschaffende (SSM). Diese hat den neuen Gesamtarbeitsvertrag mit der SRG ausgehandelt und spricht in einer Stellungnahme vom «Frontalangriff» auf den medialen Service Public. Die Initiative würde zum Verlust vieler Sender und Programme führen und zahlreiche Entlassungen bei der SRG zur Folge haben. Dabei sei es gerade im Zeitalter von «Fake News» wichtig, dass die SRG «landesweit qualitativ hochstehende Information und Unterhaltung bieten kann», so das SSM.
Die SRG wiederum liess am Dienstag verlauten, dass die Unternehmensabgabe mehrfach von Volk und Parlament bestätigt worden sei. Das Medienhaus bemängelt, dass die SVP-Initiative das Budget der SRG stark reduzieren würde. Die Folge wäre wohl eine Zentralisierung an nur noch einem Produktionsstandort. «Dies zum Leidwesen insbesondere der regionalen Berichterstattung, der sprachlichen Minderheiten und der Randregionen unseres Landes», heisst es in der Mitteilung.