Mehr Umsatz, mehr Gewinn: Die Post kann nach dem Coronataucher wieder zulegen
Wachsen oder schrumpfen? Neue Ertragsquellen anzapfen oder das Geschäft runterfahren auf ein finanzierbares Mass? Das ist die Grundsatzfrage, welche es hier zu beantworten gibt. Denn die beiden Hauptstützen bröckeln, weil die Briefmenge weiter abnimmt, auch 2021 wieder um 3 Prozent, und weil die frühere Cashcow des Unternehmens, die Postfinance, im Tief- bis Negativzinsumfeld kaum mehr etwas verdient.
Die Post selbst hat schon klar Stellung bezogen: Sie will wieder zurückfinden auf den Wachstumspfadwachsen – und mit den erwirtschafteten Erträgen den Service public finanzieren – ohne zusätzliche Subventionen und ohne Leistungsabbau.
Wieder mehr Gewinn
Da kommt der Jahresabschluss 2021 gerade recht, die Post konnte überall zulegen: Der Staatsbetrieb konnte den Umsatz leicht, um 5 Prozent auf 6,88 Milliarden Franken steigern und das Betriebsergebnis (Ebit) gar auf 515 Millionen Franken verdoppeln – im Vergleich zum schwierigen Coronajahr 2020. Aussagekräftiger ist beim Betriebsergebnis der Vergleich mit 2019 – und auch hier schneidet die Post 2021 besser ab, wenn auch «nur» um 65 Millionen Franken.
Post-Chef Roberto Cirillo erkennt darin ein Indiz, dass sein Plan aufgehen könnte: «Ich bin sehr zufrieden mit dem ersten Jahr der neuen Strategieperiode.» Noch grösser als beim Betriebsergebnis war das Plus beim Konzerngewinn: Dieser belief sich 2021 auf 457 Millionen, im Vergleich zum 279 Millionen Franken im Vorjahr.
Auch Levrat will wachsen
Die positive Entwicklung ist umso wichtiger als mit dem Bericht der vom Bund eingesetzten Expertenkommission nun auch ein Schrumpfkonzept auf dem Tisch liegt, das etwa die tägliche Post- und Zeitungszustellung streichen will. Cirillo lehnt das ab, und auch der neue Post-Verwaltungsratspräsident Christian Levrat will nichts davon wissen: Die von Cirillo im Mai 2020 vorgestellte und nun eingeschlagene Strategie sei der richtige Weg. «Und sie war für mich ein wichtiger Grund, warum ich das Amt des Postpräsidenten mit Überzeugung angenommen haben.»
Doch mit ihren Wachstumsplänen und insbesondere mit ihrer Firmen-Shoppingtour hat sich die Post nicht nur Freunde gemacht. Die Zahl der Kritiker steigt – und ihre Argumente finden neu auch im Parlament Gehör. Beide Kammern haben mittlerweile den Bundesrat beauftragt, die «Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen» einzudämmen.
Grosse Wachstumshoffnungen setzt die Post vor allem in einen neu geschaffenen Konzernbereich, mit dem sie die digitale Welt erobern und viel Geld gewinnen will, damit sie damit wenigstens einen Teil der wegbrechenden Geschäftsfelder kompensieren kann. Davon ist die Post noch weit entfernt: In diesem Bereich erwirtschaftete der Konzern gerade mal einen Umsatz von bescheidenen 38 Millionen – und einen doppelt so hohen Verlust von 80 Millionen Franken. Das Ergebnis soll in den kommenden Jahren kontinuierlich verbessert werden, hält Finanzchef Alex Glanzmann fest.« Wir wollen am Ende der Strategieperiode damit Gewinne erwirtschaften.» Das heisst: Spätestens 2024.
Schrumpfen ist hingegen bei der Post-Banktochter angesagt: Die Postfinance kann trotz höherer Gebühren und Negativzinsen, die sie von ihrer Kundschaft einfordert, und trotz neuer Apps, den Rückgang in ihrem Hauptgeschäft, dem Zinsdifferenzgeschäft, nicht wettmachen.
So lange das gesetzlich verordnete Kreditverbot nicht aufgehoben wird und die Postfinance nicht mehr Freiheiten erhält, wird sich daran kaum etwas ändern. Der Ball liegt hier bei der Politik, die Postfinance baut derweil ab: Die Summe der verwalteten Vermögen ist von 123 auf 110 Milliarden Franken gefallen, die Zahl der Kundinnen und Kunden ging von 2,69 Millionen auf 2,58 Millionen zurück.