Bandenmässiger Diebstahl, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigungen: Kopie von Schuhspuren überführten «Einkaufstourist»
«Ich wünsche allen einen schönen Tag», liess der Beschuldigte vor Gericht durch die Dolmetscherin ausrichten. Auf die Fragen von Gerichtspräsidentin Gabriella Fehr wollte er nicht antworten. «Ich gebe keine Antwort», erklärte er. «Das macht mein Anwalt.»
Vorgeworfen wurde dem jungen Mann aus Albanien, der sich seit der Festnahme vor mehr als einem Jahr in Haft befindet und von Polizeibeamten in den Gerichtssaal eskortiert wurde, gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl; mehrfacher Hausfriedensbruch; mehrfache Sachbeschädigung sowie Führen eines Fahrzeuges ohne Haftpflichtversicherung.
Gemäss Anklage hatte der 26-jährige Mann – der offenbar das Gymnasium absolviert und ein Medizinstudium angefangen hatte – zusammen mit zwei Komplizen «mindestens» 13 Einbruchdiebstähle in den Kantonen Aargau, Baselland, Zürich und Waadt verübt. Dabei hatte das Trio eine Beute von rund 38 000 Franken gemacht und Schäden von mehreren tausend Franken hinterlassen.
Französisches Kontrollschild kam Anwohner spanisch vor
Die Einbruchserie hatte ein Ende genommen, nachdem in Zofingen einem Anwohner vom Balkon aus ein Auto mit französischen Kontrollschildern aufgefallen war. Er hatte den Fahrer angesprochen, worauf dieser schnell wegfuhr. Der offensichtlich beherzte Anwohner verfolgte mit dem eigenen Auto das verdächtige Fahrzeug und verständigte die Polizei. Diese konnte den Wagen anhalten und den Beschuldigten festnehmen.
Im Auto fand sich der Pass des einen vermutlichen Komplizen, der seither ausgeschrieben ist. Vom dritten Täter weiss man nichts. Unter dem Armaturenbrett des Autos stiess die Polizei auf zwei Damenuhren und eine Socke, in der sich Schmuckstücke befanden. Im Laufe der Ermittlungen zeigte sich, dass Schuhspuren eines Einbruchsversuches in Aarau, der wenige Stunden vor der Festnahme des Beschuldigten verübt worden war, mit dessen Schuhen übereinstimmten. Auswertungen von Mobilfunkdaten und Chats ergaben zudem, dass sich der Beschuldigte und seine Komplizen stets in der Nähe von Liegenschaften befunden hatten, in die praktisch zeitgleich eingebrochen worden war.
Schliesslich war das Auto des Trios im Waadtland – in der Nähe von Tatorten und passend zur Zeit von Einbrüchen – auf der Autobahn geblitzt worden. «Der Beschuldigte ist eingereist, um Einbrüche zu verüben», stellte der Staatsanwalt fest. Mit Geld, das aus einem Einbruch in eine Geschäftsliegenschaft in Kirchdorf stammte, habe sich das Trio «ausgerüstet». Unter anderem durch den Kauf von SIM-Karten und eines Occasionsautos aus dem französischen Grenzgebiet. Auch sei in Dietikon eine Wohnung gemietet worden.
Staatsanwalt: «Das kann kein Zufall sein»
Zum Vorgehen erklärte der Ankläger, dass jeweils zwei Täter in die Häuser eingedrungen seien, während sich der dritte mit dem Auto in eine «Wartestellung» zurückgezogen und auf eine Whatsapp-Nachricht hin seine Komplizen am Tatort abgeholt habe. «Die Spuren sprechen eine deutliche Sprache», so der Staatsanwalt. «Das alles kann nicht Zufall sein.» Er forderte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Franken, eine Busse von 500 Franken sowie eine Landesverweisung inklusive Schengenraum von 15 Jahren.
Verteidiger: Mandant habe reines Gewissen
«Mein Mandant steht reinen Gewissens vor Ihnen», meinte der Verteidiger. Es gäbe weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren, machte er geltend. Die Schuhspuren könnten nur beim Einbruchsversuch in Aarau zugeordnet werden. In den meisten Punkten sei der Beschuldigte freizusprechen. Der Verteidiger beantragte eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten und eine bedingte Geldstrafe von insgesamt 600 Franken. Eine Landesverweisung von fünf Jahren sei angemessen. Der Beschuldigte, der bereits ein Flugticket habe, sei zudem am Tag nach der Verhandlung für die Abschiebung in seine Heimat aus der Haft zu entlassen.
Dem wollte das Gericht jedoch nicht folgen. Es sprach den Beschuldigten zwar in einigen Punkten frei, in den übrigen aber im Sinne der Anklage einstimmig schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, abzüglich 401 Tag ausgestandene Haft. Er wird zudem für zehn Jahre des Landes (inklusive Schengenraum) verwiesen und muss zurück in Haft. «Die gesamten Indizien lassen nur den Schluss zu, dass der Beschuldigte zwecks Einbrüchen in die Schweiz gekommen ist», erklärte Gerichtspräsidentin Fehr zum Urteil.
«Angesichts des geplanten Vorgehens kann nur von Bandenmässigkeit gesprochen werden. Es gab keine Notlage für den Beschuldigten. Sein Vorgehen war rein egoistisch. Reue oder Einsicht sind nicht erkennbar. Vier Jahre sind angemessen.»