Beim Gemeindehaus sollen bald die Kugeln rollen – Gemeinde steht dem Vorhaben positiv gegenüber
Eine Einladung bei einem ehemaligen Arbeitskollegen in Wettingen. «Dort habe ich vor vielen Jahren erstmals Pétanque gespielt», erinnert sich Peter Wälti. Auf einem Kiesplatz, den der Gastgeber gleichzeitig als Parkplatz benutzte. Das Spiel mit den unterschiedlich geriffelten Kugeln, die es möglichst nahe an eine Zielkugel – das sogenannte Cochonnet – zu platzieren gilt, hat den 64-jährigen Vordemwalder sofort fasziniert. Und bis heute nicht mehr losgelassen. Er spielt in seiner Freizeit gerne Pétanque. Nicht wettkampfmässig, wie er betont, obwohl er auch schon an Plauschturnieren wie dem Volksturnier in Zurzach teilgenommen hat. «Ich mag das Spiel», betont er, «weil es gesellig ist, nicht so ‹verbissen› geführt wird, aber trotzdem spannend ist.»
Unebenheiten machen ein Spiel spannend
Grundsätzlich kann Pétanque auf jedem Untergrund gespielt werden. Speziell gut geeignet sind Kiesplätze, wie sie etwa in Parkanlagen anzutreffen sind. «Der Platz muss aber nicht unbedingt eben sein», betont Wälti, denn Unebenheiten oder sogar ein leichtes Gefälle würden das Spiel interessant, aber auch anspruchsvoll machen. «Man muss auch das Terrain ‹lesen› können», führt er weiter aus.
Er habe sich auf seine Pensionierung hin vor längerer Zeit ein Ziel gesetzt: «Wenn es einmal so weit ist, will ich mich für einen Pétanque-Platz im Dorf einsetzen», sagt er. Im August letzten Jahres wurde Wälti von seinem Arbeitgeber mit 63 Jahren frühpensioniert. Der gelernte Bau- und Möbelschreiner, der auch ein gewiefter Drechsler ist, erinnerte sich an seine Vorsätze und wurde auf der Gemeindeverwaltung mit seinem Anliegen vorstellig. «Die Gemeinde stand meinem Vorhaben von Beginn weg positiv gegenüber», sagt Wälti, und zusammen sei man auf Platzsuche gegangen.
In der Folge habe sich der Platz beim Gemeindehaus, wo gleichzeitig der Erlebnisweg beginne, als idealer Standort erwiesen. «Schach und ‹Nünistei› können dort bereits gespielt werden – mit Pétanque käme
nun ein drittes Spiel dazu», sagt Wälti.
In diesen Tagen wollen Wälti und seine engsten Mitstreiter von der IG Pétanque-Platz, Andreas Guyer und Urs Hunziker, das Baugesuch einreichen. Sollten bei der öffentlichen Auflage für die vorgesehene Nutzungsänderung keine Einwendungen eingehen, könnte bereits 30 Tage später der Baustart erfolgen. Wälti betont, dass für die Gemeinde keine Kosten anfallen. «Die IG will die Arbeiten so weit möglich in Fronarbeit ausführen», sagt er; weitere Helferinnen und Helfer können sich bei ihm melden.
Sollte das Baugesuchsverfahren reibungslos ablaufen, so hofft Wälti darauf, dass noch im Sommer die ersten Kugeln vor dem Gemeindehaus rollen beziehungsweise geworfen werden können. «Der Platz soll der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen», betont der Initiant, eine Vereinsgründung sei von seiner Seite her nicht geplant. «Es soll in erster Linie ein Ort sein, an dem man sich treffen, spielen und den Plausch haben kann.»
In der Region existieren bereits zwei Pétanque-Clubs: Seit 2006 der Pétanque-Club Reiden, der im vergangenen Jahr seinen eigenen Platz zwischen Badi und Fussballfeld beziehen konnte und aktuell 30 Mitglieder zählt. Fast ebenso viele Mitglieder hat der Pétanque-Club Strengelbach, der 2011 gegründet wurde und dessen Mitglieder sich jeweils am Dienstag- und Samstagnachmittag auf dem Begegnungsplatz zum Spiel treffen.
Jüngere Variante eines alten Spiels
Als Spiel ist Pétanque ein relativ junges Spiel, das jedoch als Variante des Boule-Spiels, welches nachweislich schon im 13. Jahrhundert in Frankreich gespielt wurde, gilt. Weitere bekannte Varianten sind das italienische Boccia oder das schottische Bowls-Spiel.
Pétanque entstand 1910 in der kleinen Stadt La Ciotat in der Nähe von Marseille, durch Jules le Noir, der wegen einer Gehbehinderung nicht mehr beim bewegungsreichen Jeu Provençal mitmachen konnte. Le Noir begnügte sich damit, seine Kugeln von seiner Sitzbank aus auf kurze Distanz zu werfen. Andere verfolgten sein Tun und schlossen sich ihm an. Man einigte sich dann darauf, aus einem Abwurfkreis auf eine Distanz von sechs Metern zu spielen. Pétanque war geboren – und wird heute auf fünf Kontinenten gespielt. Der schweizerische Pétanque-Verband zählt mittlerweile 2444 Lizenzierte, die Zahl der Hobbyspieler dürfte ein Mehrfaches erreichen. Vielleicht finden sich bald schon einige Vordemwalderinnen und Vordemwalder mehr darunter.
Pétanque – ein Kugelspiel aus Frankreich
Pétanque kann in unterschiedlichen Formationen gespielt werden. Wettkämpfe werden im «Tête-à-tête», wo zwei Einzelspieler mit jeweils drei Kugeln gegeneinander antreten, ausgetragen. Oder im «Doublette», wo zwei Zweierteams gegeneinander antreten und jeder Spieler mit drei Kugeln ausgestattet wird. Oder im «Triplette» – dort treten ebenfalls zwei Mannschaften, aber mit drei Spielern à zwei Kugeln gegeneinander an.
Das Pétanque-Spiel funktioniert nach einfachen Regeln. Per Münzwurf wird entschieden, welche Mannschaft das Spiel beginnt. Aus einem Kreis mit einem Durchmesser von 35 bis 50 Zentimeter wird geworfen. Zuerst das Cochonnet – dann geht es darum, die Kugeln so nahe wie möglich an die Zielkugel zu platzieren. Werfen muss immer jene Mannschaft, deren bestplatzierte Kugel weiter vom Cochonnet weg liegt, wobei die Kugeln des Gegners auch weggeschossen werden dürfen.
Sind alle Kugeln gespielt, wird gezählt. Theoretisch können pro Durchgang maximal sechs Punkte erreicht werden. Das Spiel ist zu Ende, sobald eine Mannschaft 13 Punkte erreicht hat.