«Bennifer» ist wieder zusammen: So klappt der zweite Versuch mit der Liebe
Es geschah, während sie in der Badewanne sass. «Plötzlich stand er da mit diesem Ring und kniete vor mir nieder.» So beschreibt Sängerin und Schauspielerin Jennifer Lopez ihre Verlobung mit Ben Affleck am 9. April. Es ist beider zweiter Versuch. Vor 20 Jahren waren die beiden Stars schon einmal verlobt gewesen. Zur Hochzeit kam es nicht, sie trennten sich 2004. Beide heirateten wenig später andere Partner, beide bekamen mehrere Kinder, beide trennten sich wieder. JLo hatte diverse Beziehungen, Affleck kämpfte mit einer Alkoholsucht.
Nun turteln der 49-Jährige und die 52-Jährige auf jeder Gala wie frisch verliebte Teenager. Sie seien jetzt wirklich bereit füreinander und verliebt wie noch nie, sagen die beiden in verschiedenen Interviews. Eben doch, denken wir, die das gerührt lesen, es gibt sie eben doch, diese eine Liebe, die stärker ist als alles.
Diese erste Liebe, die für immer weiterglüht
Es ist der Stoff, aus dem die ganz grossen Liebesgeschichten sind. Zwei trennen sich, weil die Umstände es erfordern, weil sie noch nicht bereit sind füreinander. Es kommen andere Partner, Kinder, Häuser, Jobs – das ganze Leben halt. Doch sie vergessen sich nie. Die Liebe zueinander, sie glimmt weiter. Bis sie sich dann wiedersehen und endlich glücklich werden – bester Hollywood-Kitsch.
Aber auch in Zeitungen und Magazinen erscheinen sie immer wieder, diese ganz normalen Paare, die sich nach Jahrzehnten wiedergefunden haben. So wie Kerstin und Arnaud, die sich als Teenager in den 1980er-Jahren in den Ferien in Frankreich verliebten, eine Fernbeziehung führten und irgendwann an der Distanz scheiterten. 40 Jahre herrschte Funkstille. Bis Kerstin, inzwischen 48 und seit vier Jahren von ihrem Mann getrennt, Arnaud bei Facebook wiederfand und ihm schrieb. Der Rest ist Liebesgeschichte. Nach einem gemeinsamen Wochenende wussten beide: «Das ist unsere zweite Chance. Die packen wir, wir gehören zusammen.» Zwar trennen immer noch fast 900 Kilometer und je zwei Kinder im Schulalter die beiden, doch irgendwann wollen sie in Frankreich zusammen ein Häuschen bauen.
Forschung zu Lost Lovers
Ihre Chancen und auch jene von Lopez und Affleck stehen ziemlich gut. Zumindest wenn man der Forschung und Nancy Kalish glauben will. Die 2020 verstorbene Psychologie-Professorin der California State University hatte 1993 ein weltweit einzigartiges Projekt zur Erforschung der sogenannten «Lost Lovers» gestartet. Zu finden auch auf der Website lostlovers.com In zwei Studien hat sie über 2000 Fälle gesammelt. Ihr Fazit: Sofern die Beteiligten aktuell auf Solopfaden wandeln, und sie sich bereits in frühen Jugendjahren zum ersten Mal verliebten hat ihre Wiedervereinigung grosse Chancen. Kalish ermittelte, dass etwa drei Viertel von ihnen nach zehn Jahren immer noch zusammen sind. Von denen, die geheiratet haben, treten vier Jahre später gerade einmal 1,5 Prozent den Weg zum Scheidungsrichter an.
Die Realität ist dann doch etwas komplexer
Für die Psychologin Caroline Fux ist das nicht erstaunlich. «Diese Paare sind oft sehr dankbar, dass sie diese zweite Chance bekommen haben, zudem wissen sie, auf was sie sich einlassen.» Allerdings müsse man solche Geschichten auch mit etwas Vorsicht lesen. «Oft steckt einfach gute PR hinter solchen Aussagen. Und zwar nicht nur bei Promis.
«Das sind Geschichten, die wir uns gerne erzählen. Weil sie das klassische Märchen beschwören.“
Wer hört das nicht gern? Dass die Realität oft komplexer ist, blenden wir dann noch gern aus.» Und trotzdem gibt es diese Menschen, die sich nach Jahren mehr oder weniger zufällig sehen und zack, stehen die Herzen wieder in Flammen. Für die Psychologin ist dafür eine Mischung aus Abenteuer und Vertrautheit verantwortlich. «Etwas, das bereits schon einmal gut war, glänzt plötzlich im neuen Licht. Das ist reizvoll, weil man quasi das Beste aus verschiedenen Welten vereint sieht.»
Die verunmöglichte Liebe bleibt oft die grösste
Besonders erfolgversprechend sind reaktivierte Liebesbeziehungen, wenn diese einst durch äussere Umstände beendet werden mussten. Seien das Eltern, die Distanz, eine Ausbildung oder wie im Fall von «Bennifer» die enorme Aufmerksamkeit von aussen. Beide erzählen in Interviews, dass ihre erste Beziehung daran gescheitert sei, dass sie ihre Privatsphäre zu wenig ernst genommen hätten. Sie seien jetzt reifer und wirklich bereit füreinander.
Prinzipiell sei es etwas Tolles, wenn zwei Menschen wieder glücklich verliebt seien, sagt Caroline Fux, die eine Praxis fürs psychologische und sexologische Beratungen in Zürich betreibt. «Erst recht, wenn die beiden den Mut und die Neugier haben, sich nochmals neu zu entdecken, dann ist das etwas sehr Kostbares.» Schwierig werde es, wenn sie die Ideen «jetzt sind wir wirklich bereit» so verstünden, dass es jetzt wie von allein ginge. Also ob es keine Herausforderungen mehr zu meistern gäbe. «Das wäre naiv, egal ob man nun in Hollywood oder Unterlunkhofen lebt», betont die Therapeutin.
Die Sehnsucht nach der eigenen Jugend und wer man damals war, spielt oft mit
Zwar entflammt sich eine Jugendliebe schnell wieder, aber es drohen einige Stolpersteine. «Etwa, wenn man nicht offen genug ist für die Person, die man heute vor sich hat», erklärt Fux. Man klebe vielleicht an einem alten Bild, einer alten Sehnsucht oder auch einer jugendlicheren Lebensphase von sich selbst, das könne problematisch werden. Und: «Nur weil man älter ist, ist man nicht zwingend klüger. Manche Menschen schleppen problematische Themen ein Leben lang mit sich rum, ohne sich je darum zu kümmern.» Da sei es nicht ratsam die alte Flamme wieder anzurufen. Auch wenn das heute dank Facebook und Co einfach und verlockend sei. Auch Nancy Kalish warnte stets:
«Wenn Sie in einer einigermassen guten Beziehung sind, überlegen Sie sich gut, ob Sie bei einer alten Liebe anklopfen wollen – die Folgen können verhehrend sein,»
In einer Studie von 2006 befragte sie nur Paare, die sich via Internet wiedergefunden hatten. Die allermeisten davon waren zu diesem Zeitpunkt mit anderen liiert, in Affären verstrickt, und die allerwenigsten dieser alten Lieben fanden ein glückliches Ende. Nur gerade 5 Prozent heirateten.
Und noch etwas betonte Nancy Kalish stets: Auch wenn Filme und Bücher voll von solchen Liebesgeschichten seien, in der Realität wollten die allerwenigsten Menschen ihre Verflossenen wiedersehen: «Die meisten Leute brechen ihre Liebesbeziehungen ab und schauen nie wieder darauf zurück. Und sie haben gute Gründe dafür.» Doch es sind die wenigen anderen, welche die grossen Liebesgeschichten schreiben, die wir so gerne hören und lesen.