Amerikanische Kommission erhebt harte Vorwürfe: «Die Schweiz ist eine führende Helferin des russischen Herrschers Putin»
Eine staatliche amerikanische Kommission erhebt schwere Vorwürfe gegen die Schweiz: Die Helsinki Commission, im Kalten Krieg eingesetzt, um das Tauwetter im damaligen Ostblock zu überwachen, bezeichnet die Eidgenossenschaft als eine «führende Helferin» des russischen Herrschers Wladimir Putin. Auch behauptet das Gremium, in dem hochrangige Demokraten und Republikaner vertreten sind, dass Putin und seine Oligarchen-Kumpane einen «korrupten Einfluss» auf die Schweizer Justiz ausübten.
Schweiz weist Vorwürfe zurück
Diese Vorwürfe, die am Donnerstag in einem Online-Briefing erläutert werden sollen, sorgten vorab im Bundesrat für rote Köpfe. «In aller Entschiedenheit» weise die Landesregierung die Behauptung zurück, dass die Schweiz eine Helfershelferin des Kremls sei, gab Bundesratssprecher André Simonazzi am Mittwoch während einer Medienkonferenz bekannt.
Am Dienstag, als Aussenminister Ignazio Cassis mit seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken telefonierte, beschwerte sich der Bundespräsident auch gleich direkt bei Blinken. Die Schweiz, betonte Simonazzi, habe sich im Zuge des Ukraine-Krieges dazu entschlossen, die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland umzusetzen. Im internationalen Vergleich müsse sich Bundesbern deshalb nicht schämen.
Blinken wird auf die Kritik der Schweiz wohl bloss mit einem Schulterzucken reagiert haben. Zwar wird die 1975 gegründete Helsinki Commission über das Budget des Aussenministeriums finanziert; das staatliche Gremium agiert aber unabhängig von der Exekutive. Blinken hat damit nur geringen Einfluss auf die Arbeit der Helsinki Commission. Zudem stammen die meisten Kommissionsmitglieder (18 von 21) aus dem amerikanischen Parlament, wobei sich der Demokrat Ben Cardin und der Republikaner Roger Wicker im Präsidium abwechseln, je nach dem welche Partei im Senat gerade die Mehrheit stellt.
Einflussreiches republikanisches Kommissionsmitglied
Mit der Person Wickers – ein 70 Jahre alter Senator aus dem Südstaat Mississippi – lässt sich vielleicht auch begründen, warum die Helsinki Commission das Online-Briefing über die Schweiz angesetzt hat. Wicker hegt seit einigen Jahren den Verdacht, dass die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden im Dunstkreis des russischen Regimes stünden. So protestierte er 2020 und 2021 gegen die Art und Weise, wie die Bundesanwaltschaft in einem Geldwäschereiverfahren im Fall Magnitski vorging. Auch beklagte sich Wicker direkt bei Botschafter Jacques Pitteloud, dem Vertreter der Schweizer Regierung in Washington, über einen ehemaligen Mitarbeiter von Bundesanwalt Michael Lauber, der in Russland auf Bärenjagd gegangen war.
Deshalb ist es nicht weiter erstaunlich, dass Bill Browder eine der Auskunftspersonen ist, die am Donnerstag über die Beziehungen zwischen dem Kreml und dem Bundeshaus Auskunft geben werden. Browder ist Kopf der Global Magnitski Justice Campaign, benannt nach seinem ehemaligen Anwalt Sergei Magnitski, der 2009 in einem russischen Gefängnis starb.
Browder will sich auch zur Frage äussern, ob eine «kompromittierte Schweiz» die nationale Sicherheit der USA beeinträchtige und Washington deshalb die strategische Partnerschaft mit Bern überdenken müsse. Ebenfalls eingeladen sind der Basler Professor Mark Pieth und die Journalistin Miranda Patrucic. Pieth wollte sich am Mittwoch nicht vorab über das Briefing äussern.