Bundesrat spannt einen 10-Milliarden-Rettungsschirm auf
Die laute Opposition aus der Strombranche hat sich ausbezahlt: Der Bundesrat lockert die Spielregeln für die Stromfirmen, die in einem Krisenfall vom Rettungsschirm profitieren sollen. Gemäss der am Mittwoch vorgestellten bundesrätlichen Botschaft müssen die betroffenen, systemrelevanten Stromfirmen nun nicht mehr im Vorfeld einen «Vertrag» mit dem Bund abschliessen.
Neu will der Bund alles mittels Verfügungen regeln, sollte das «Worst-Case-Szenario» tatsächlich eintreffen. Oder wie es Finanzminister Ueli Maurer formuliert: «Sollten alle Stricke reissen.» Dann muss alles schnell gehen. Der Bund müsste innert Stunden Darlehen in Milliardenhöhe an systemkritische Stromunternehmen sprechen können. Insgesamt will die Bundestresorerie dafür 10 Milliarden Franken bereitstellen.
Bundesrat kommt Stromfirmen entgegen
Weiter hat der Bundesrat die Kosten für die betroffenen Stromfirmen gesenkt, sollten sie ein solches Liquiditätsdarlehen beziehen müssen: Forderte er im Vernehmlassungsentwurf noch einen Darlehenszins von 20 bis zu 30 Prozent, begnügt er sich – nebst der marktgerechten Verzinsung – mit einem Risikozuschlag von 4 bis 8 Prozent pro Jahr. Dieser kann bei Verstössen des Unternehmens gegen die Auflagen auf 5 bis 10 Prozent erhöht werden.
Der freilich noch immer hohe Darlehenszins sowie weitere, strengen Bedingungen, an welche das Darlehen geknüpft ist, sollen präventiv dafür sorgen, dass die Unternehmen und ihre Aktionäre selbst vorsorgen und nur «im äussersten Notfall» den Gang zum Bund antreten. Zu den abschreckenden Vorschriften gehören etwa auch erhöhte Transparenzvorschriften oder ein Verbot zur Dividendenausschüttung.
Hintertüre für die BKW
Hart geblieben ist der Bundesrat bei der Frage der Freiwilligkeit: Alle systemkritischen Unternehmen werden vorsorglich dem Rettungsschirm unterstellt, ausscheren geht nicht. Gleich geblieben ist auch das Kriterium zur Bestimmung der betroffenen Unternehmen: Sie müssen in der Schweiz über eine «installierte Kraftwerksleistung von mindestens 1200 Megawatt» verfügen. Diese Voraussetzung erfüllen heute einzig die drei grossen Stromfirmen Axpo, Alpiq und BKW.
Der Bundesrat hat aber eine Art symbolische Optingout-Klausel für die BKW eingebaut, die sich in den vergangenen Wochen besonders laut gegen die Zwangsunterstellung unter den Rettungsschirm aufgelehnt hatte. Sollte ein Kanton, im Fall der BKW der Kanton Bern, selber aktiv werden und vorsorglich selber Milliarden von Franken zur Rettung seines Stromunternehmens bereitstellen, dann würde dieses im Sinne «föderaler Überlegungen» von der Pflicht befreit, sich unter den Bundesschirm zu stellen.
Der Bundesrat weigert sich im Gegenzug, den Rettungsschirm für alle Unternehmen zu öffnen. «Dadurch würde faktisch eine staatliche Förderbank für die Energiebranche geschaffen», hält die Landesregierung fest. Für die Stützung nicht systemkritischer Stromunternehmen sind also weiterhin die jeweiligen Eigner zuständig – das heisst namentlich die Kantone und Gemeinden. Hingegen können sich Unternehmen, die sich selbst als systemkritisch einschätzen, beim Bund melden und ihre entsprechenden Informationen offenlegen. Dann wird der Fall geprüft.
Das letzte Wort hat nun das Parlament, welches das auf Ende 2026 befristete Gesetz gemäss Bundesrat im dringlichen Verfahren in dieser Sommersession hätte verabschieden sollen. Doch so schnell wirds nun nicht gehen, das Parlament will sich etwas mehr Zeit lassen.