Putin freut sich über Bidens Desaster-Gipfel: Derweil marschiert eine neue Flüchtlings-Karawane auf die USA zu
Joe Biden hätte den «Summit of the Americas» gerne dazu genutzt, seine «demokratische Allianz» gegen die autokratische Bedrohung zu stärken. Stattdessen droht der Amerika-Gipfel, zu dem sich ab heute die Staats- und Regierungschefs Nord-, Zentral- und Südamerikas in Los Angeles treffen, zum PR-Desaster für den US-Präsidenten zu werden. Der grösste politische Event der westlichen Hemisphäre hätte zur Plattform der Einigkeit werden sollen. Doch Bidens Beschluss, die undemokratischen Oberhäupter von Kuba, Nicaragua und Venezuela auszuladen, sorgt in Lateinamerika für böses Blut.
Am weitesten gingen die Staatschefs von Bolivien und Mexiko, Luis Arce und Andrés Manuel López Obrador. Sie boykottieren den Gipfel aus Protest. Auch die neue Linkspräsidentin Xiomara Castro aus Honduras bleibt dem Treffen fern.
Besonders freuen dürfte das die Machthaber in Moskau und Peking. Mit Vergnügen schaut man aus den dortigen Regierungshallen zu, wie der US-amerikanische Rückhalt in Lateinamerika allmählich dahin bröckelt. Schon heute haben sich knapp zwei Dutzend lateinamerikanische Staaten dem Megaprojekt «Neue Seidenstrasse» der Chinesen angeschlossen. Peking ist für Brasilien, Chile und Peru mittlerweile der wichtigste Handelspartner. Seit 2005 vergab China Kredite in Höhe von 130 Milliarden Euro an die Region.
Und auch Russland zeigte sich – etwa mit Gratis-Impflieferungen auf dem Gipfel der Pandemie – von seiner freundlichen Seite. Bis heute hat kein einziges Land Südamerikas im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg Sanktionen gegen Moskau verhängt. Die Staatschefs von Schwergewichten wie Brasilien oder Mexiko haben Putin für seinen Aggressionskrieg noch nicht einmal kritisiert.
Die aktuellen Migrationsprobleme stehen im Vordergrund
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ihrerseits wenig dafür getan, Pekings und Moskaus freundschaftlichen Avancen gegenüber Lateinamerika zu kontern. Auch vom Amerika-Gipfel dürfen sich die Teilnehmer nicht allzu viel erhoffen. Statt über konkrete Handelsabkommen will das Weisse Haus viel mehr über die aktuellen Migrationsprobleme sprechen.
Der Kontinent ist in den Augen Washingtons primär ein Problemkind. Die wirtschaftlichen Flirts spart man sich lieber für den asiatischen Raum auf. Erst im Mai hatte Biden das «Indo-Pacific Economic Framework» lanciert. Mit der Initiative sollen 13 asiatische Länder mit attraktiven Deals wirtschaftlich näher an Amerika gebunden werden.
Neue Flüchtlingskarawane macht Biden Sorgen
Kein Wunder also, dass vor dem Amerika-Gipfel in Los Angeles primär dicke Luft herrscht. «Die lateinamerikanischen Regierungen wollen Washington zeigen, dass es nicht mehr am Kopf des Tisches sitzt», sagt Brian Winter, Herausgeber der Zeitschrift «Americas Quarterly». Zudem zeige der Widerstand der Latinos das gestiegene Selbstbewusstsein einiger Staaten gegenüber Washington, das Lateinamerika lange Jahrzehnte als seinen «Hinterhof» betrachtete und entsprechend behandelte.
Der Gipfel sollte eigentlich Washingtons neue Verbindlichkeit gegenüber Lateinamerika betonen und bewusst den Unterschied zu Bidens Vorgänger Donald Trump markieren. Trump war der erste US-Präsident, der dem alle drei Jahre stattfindenden Gipfeltreffen fernblieb. Auf dem drohenden Gipfel der Zwietracht dürfte es aber schwierig werden, die dringenden Herausforderungen konstruktiv anzugehen, vor denen der Kontinent steht. Das sind zum einen die wirtschaftliche Rezession, aber auch die Dauerthemen der Umweltzerstörung und der anhaltenden Flüchtlingskrise.
Gerade beim letzten Thema bleibt ohne die Teilnahme des mexikanischen Präsidenten und der honduranischen Staatschefin jede regionale Verabredung wertlos: Die beiden Länder stellen das Gros der Migranten. Und Mexiko ist letztes Transitland vor den USA: Für Biden seinerseits ist ein regionales Migrationsabkommen innenpolitisch vor den amerikanischen Zwischenwahlen im November wichtig. In den amerikanischen Medien wird gerade jetzt wieder über eine neue «Karawane» von rund 10000 Flüchtlingen berichtet, die sich auf den Weg an die US-amerikanische Grenze gemacht hat.