Cassis mag nicht darüber spekulieren, wie viele Stimmen die Schweiz heute gewinnen wird: «Ziel ist es, gewählt zu werden»
Die Schweizer Bevölkerung muss keine Angst haben: An der Neutralitätspolitik wird sich nichts ändern, wenn die Schweiz in den UNO-Sicherheitsrat einzieht. Dies sagte Bundespräsident Ignazio Cassis am Vorabend der historischen Wahl am heutigen Donnerstag, an einer Pressekonferenz vor dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York.
Als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates in den Jahren 2023 und 2024 werde die Schweiz «glaubwürdig» einen Beitrag für Frieden und Stabilität auf der Welt leisten, sagte Cassis. Das Bauen von Brücken sei eine der Stärken der Schweiz und diese Stärke könne das Land auch als eines von 15 Mitgliedern des wichtigsten UNO-Organs ausspielen. Dass sich die Schweiz dabei im Fall der Fälle auf die Seite derjenigen Demokratien schlagen werde, die sich für Menschenrechte einsetze, sei deshalb nur folgerichtig.
Cassis: Russland versteht den Positionsbezug der Schweiz
Cassis versicherte auch, dass die Schweiz die Trennlinie zwischen dem völkerrechtlich verbrieften Neutralitätsrecht und der Neutralitätspolitik, die gerade im Ukraine-Krieg flexibler gehandhabt wird, nicht verschieben werde. Seit 200 Jahren gehöre es zu «den Herausforderungen» der Schweizer Aussenpolitik, diesen Unterschied zu erklären, sagte Cassis, «und wir haben es bisher nicht schlecht geschafft». Es sei eine Bringschuld der Schweiz, dies auch in der Zukunft zu tun.
Der Bundespräsident bekräftigte, dass auch russische Diplomaten diesen Unterschied verstünden, «sonst würden sie unsere Vermittlungsdienste» nicht beanspruchen. Dass der russische UNO-Botschafter am Mittwoch an einem Empfang teilnahm, den die insgesamt fünf Kandidaten für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat gaben, wollte Cassis hingegen nicht direkt kommentieren.
So wird die Wahl am Donnerstag ablaufen
Die historische Wahl für die nächsten nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates beginnt heute Donnerstag um 16 Uhr (Schweizer Zeit) in der Generalversammlung, die am Hauptsitz in New York tagt. Abstimmungsberechtigt sind sämtliche 193 Mitgliederstaaten der UNO. Die Wahl ist geheim und erfolgt normalerweise diskussionslos; weil es aber für die Kandidaturen der Schweiz, Maltas, Mozambiques, Japans und Ecuadors keine direkten Gegner gibt, steht der Ausgang der Wahl von vornherein fest.
Die Schweiz und Malta bewerben sich um die zwei Sitze der Ländergruppe, die Westeuropa und Nordamerika umfasst. Aktuell ist diese Ländergruppe im Sicherheitsrat mit Norwegen und Irland vertreten. Die beiden Länder erhielten vor zwei Jahren 130 (Norwegen) und 128 (Irland) Stimmen, in einer Kampfabstimmung gegen Kanada.
Cassis wollte sich am Mittwoch nicht an Spekulationen beteiligen, wie viele Stimmen die Schweiz am Donnerstag gewinnen wird. Er sagte stattdessen: «Das Ziel jeder Wahl ist es, gewählt zu werden.»