Blochers neuer Kampf: Er will ein Museum auf einer Insel im Rhein verhindern – damit er mehr Platz für sein Projekt bekommt
Rahel und Christoph Blocher wollten am Mittwoch eigentlich davon erzählen, wie gut der Betrieb laufe im vormaligen Kloster. Dann schlugen Vater und Tochter aber plötzlich einen scharfen Ton an. Den Besuchern der Medienkonferenz wurde klar: Es zeichnet sich ein Drama ab auf der idyllischen Klosterinsel Rheinau, die im Weinland im Norden des Kantons Zürich liegt.
Das vormalige Kloster stand leer – bis Blocher kam
Um was geht es? Die Benediktinerabtei wurde 1862 geschlossen, dann betrieb der Kanton Zürich dort eine Psychiatrische Klinik – bis im Jahr 2000. Der Zürcher Regierungsrat wusste in der Folge nicht, was er mit dem leeren Kloster anfangen sollte. Eine Renovation war dringend nötig, aber sie lohnte sich nur, wenn danach Mieter einziehen würden. Die waren weit und breit nicht in Sicht.
Christoph Blocher schlug der Regierung vor: Der Kanton Zürich setzt den Bau instand, dann richtet die von Blocher und seiner Tochter gegründete Stiftung Musikinsel Rheinau Proberäume für Musiker ein sowie Schlafsäle in den vormaligen Benediktinerklauseln und einen Speisesaal. 2014 nahm die Musikinsel ihren Betrieb auf. Blocher sagt nun, dass das Interesse grösser sei als erwartet. Ohne die pandemiebedingte Pause hätte die Musikinsel die Gewinnschwelle erreicht.
Museum soll mehr Menschen auf die Insel bringen
Vor allem an den Wochenenden bereiten Laienorchester und Chöre in Rheinau ihre Auftritte vor. Blocher erklärt, dass die 16 Probesäle und die 133 Schlafzellen dann alle belegt seien. Er will darum zusätzlichen Raum gewinnen – im Mitteltrakt des Klosters, wo in früheren Zeiten der Abt wohnte. Dieser Teil der Anlage ist bisher noch nicht renoviert worden.
Genau dort hat der Zürcher Regierungsrat aber die Einrichtung eines Museums vorgesehen. Daniel Grob, der Präsident des Vereins Insel Museum Rheinau, sagt nun auf Anfrage:
«Ich bin konsterniert.»
Der Zürcher Regierungsrat habe schon im Jahr 2009 festgehalten, dass an jenem Ort ein Museum geplant sei. Die Klosterinsel solle allen Interessierten zugänglich gemacht werden – und nicht nur Musikern, die dort einen Aufenthalt gebucht hätten. Die jetzige Nutzung der Insel komme einem «Ausschluss der Öffentlichkeit» gleich, findet Grob.
Der Präsident des Vereins betont, dass ein Konzept für das Museum in jahrelanger Arbeit entstanden sei. Geplant ist eine kulturhistorische Institution. Sie soll den Besuchern die Geschichte des Ortes nahe bringen und orientiert sich an drei K: Keltensiedlung, Kloster, Psychiatrische Klinik.
Nun steckt die Regierung in einer Zwickmühle
Blocher hat für diese Argumente kein Gehör. Er unterstreicht: Der Kanton Zürich habe nicht gewusst, was er mit der Klosterinsel anfangen solle – bis die Proberäume entstanden seien. Zweitens bezahle die Stiftung Musikinsel Rheinau dem Kanton einen Mietzins von 330’000 Franken pro Jahr. Drittens sei der Betrieb eines jeden Museums defizitär. Was ist besser für den Kanton? Bald ein jährliches Defizit zu tragen – oder zusätzlichen Mietzins zu erhalten?
Blocher weist darauf hin, dass er Anfragen aus anderen Kantonen erhalten habe: «Wollen Sie Ihr Konzept auch in unserem leeren Kloster umsetzen?» Der SVP-Doyen deutete damit an, dass er und seine Tochter den Mietvertrag mit dem Kanton Zürich auslaufen lassen und anderswo Proberäume für Musiker einrichten könnten. Der Vertrag ist bis 2029 terminiert, wobei Blocher das Recht auf eine zweimalige Verlängerung um jeweils fünf Jahre hat.
Blocher setzt den Zürcher Regierungsrat unter Druck. Dieser muss nun entscheiden: Entsteht auf der Insel ein Museum? Lautet die Antwort Ja, geht die Regierung das Risiko ein, dass ein grosser Teil der Klosteranlage nach 2029 wieder leer steht.
Ist ein Kompromiss möglich? Blocher regt an: Vielleicht könnte man den Mitteltrakt des Klosters zwischen dem Museum und der Musikinsel aufzuteilen. Daniel Grob will davon aber nichts wissen. «Ein Museum braucht eine gewisse Fläche. Erhalten wir weniger Platz, müssten wir unser Projekt vollständig überarbeiten», sagt er.