Aufs Handy gestarrt und vom Tram erfasst: Laut Bundesgericht ist Verunfallter schuld
Ein Mann wartet an einer Zürcher Tramhaltestelle, schaut aufs Handy, tritt ohne Seitenblick auf die Gleise und wird von einem einfahrenden Tram schwer verletzt. Mit diesem Fall beschäftigte sich jüngst das Bundesgericht und kam zum Schluss: Die Stadt Zürich als Inhaberin der Verkehrsbetriebe haftet nicht für den Unfall. Das Verhalten des Fahrgasts sei «grob fahrlässig» gewesen, heisst es in einer Mitteilung vom Donnerstag.
Damit korrigiert das Bundesgericht zwei vorinstanzliche Urteile. Der Mann hatte von der Stadt Zürich eine Genugtuung von 30’000 Franken gefordert und vor dem Bezirksgericht Zürich und dem Obergericht recht bekommen. Die Stadt war mit dem Urteil nicht einverstanden und darum ans Bundesgericht gelangt. Dieses hält fest, dass Eisenbahnunternehmen von der Haftpflicht befreit werden, wenn dass Verhalten der geschädigten Person als «Hauptursache des Unfalls» anzusehen ist.
Handy als die «Ablenkung schlechthin»
Die Erstinstanz hatte sich noch auf den Standpunkt gestellt, dass Fussgänger, die über ihr Handy gebeugt seien, zum städtischen Strassenbild gehörten und dass damit zu rechnen sei, dass sie unachtsam auf die Strasse treten könnten. Das Mobiltelefon sei die «Ablenkung unserer Zeit schlechthin». Laut Bundesgericht ändert dies jedoch nichts daran, dass Fussgänger die gebotene Aufmerksamkeit aufbringen müssten. «Der Mann hätte seinen Blick vom Mobiltelefon abwenden und nach allen Seiten Ausschau halten müssen», heisst es in der Mitteilung. «Stattdessen liess er nicht einmal ein Mindestmass an Sorgfalt walten.»
Der Unfall habe sich bei schönem Wetter ereignet auf einer geraden Strecke mit übersichtlichen Verhältnissen. «Fussgängern war es ohne Weiteres möglich, herannahende Trams von Weitem zu erkennen», heisst es weiter. Der Anwalt des Beschuldigten wies gemäss Urteil darauf hin, dass das Betreten der Gleise an einer Tramhaltstelle nicht verboten sei, sondern notwendige Voraussetzung für die Benützung des Verkehrs. Das Bundesgericht liess diesen Einwand jedoch nicht gelten. (gb)