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Vorkämpferin für Frauenrechte: Luzerner Alt Nationalrätin Judith Stamm verstorben

Alt Nationalratspräsidentin Judith Stamm ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Die langjährige CVP-Politikerin aus Luzern war eine Vorkämpferin für Frauenrechte in der Schweiz.

Im Alter von 88 Jahren ist die frühere Nationalratspräsidentin Judith Stamm gestorben. Das gab die Mitte Kanton Luzern am späten Mittwochabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter bekannt. «Die Partei verneigt sich vor dem Tatendrang dieser unglaublich engagierten Person zu Gunsten unserer Gesellschaft! Sie war ein Vorbild für viele Politiker / -innen», heisst es in der Stellungnahme.

Die promovierte Juristin und Politikerin Judith Stamm war in der Tat in vielerlei Hinsicht eine Pionierin: Sie war die erste Polizeiassistentin der Luzerner Kriminalpolizei und mit 37 zog sie als eine der ersten Frauen für die CVP in den Luzerner Grossen Rat (heute Kantonsrat) ein – kurz nachdem das kantonale Frauenstimmrecht 1970 eingeführt wurde. 1983 gelang ihr dann den Sprung in den Nationalrat. In der grossem Kammer politisierte sie bis 1999.

Für Aufmerksamkeit sorgte Stamm 1986, als sie einen Vorstoss für die Durchsetzung des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung einreichte. Dieser erhielt eine Mehrheit im Parlament. Als Folge schuf der Bund 1988 das Eidgenössische Gleichstellungsbüro. Acht Jahre später trat das Gleichstellungsgesetz in Kraft. 1989 wurde sie Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen. Gewählt wurde sie durch den Bundesrat.

Erfolge und Niederlage

Ein weiterer Höhepunkt für Stamm war die Wahl zur Nationalratspräsidentin im Jahr 1996. In ihrer Antrittsrede erklärte sie, sie sei erst die vierte Frau, die seit 1291, 1848 oder «genauer gesagt», seit 1971 in dieses Amt gewählt worden sei. Ihr Nachfolger als Nationalratspräsident, Ernst Leuenberger (SP/SO), liess die Inschrift «Präsidentin» an der Tür seines Präsidialzimmers stehen, «um einmal ein Jahr lang zu spüren, wie das eigentlich ist, wenn man unter einer Form mitgemeint ist.»

Stamm musste auch Rückschläge hinnehmen. 1986 stieg Stamm ins Bundesratsrennen um die Nachfolge von Kurt Furgler und Alfons Egli. Sie argumentierte, es sei inakzeptabel, dass die CVP dem Parlament keine Frau zur Wahl vorgeschlagen hatte. Ihre Kampfkandidatur scheiterte, blieb aber nicht folgenlos. 1999 wählte die Bundesversammlung dann mit Ruth Metzler eine Frau in den Bundesrat.

Tiefe Betroffenheit

Stamms Tod sorgte in den sozialen Medien für tiefe Betroffenheit. «Eine mutige, geradlinige Frau ist nicht mehr», schrieb etwa die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür auf Twitter.

Auch David Roth, Präsident der SP Kanton Luzern, bezeichnete Stamm in dem Kurznachrichtendienst als «aussergewöhnliche Erscheinung». «Obwohl von der grössten Partei, war sie immer auch Kämpferin für Ideen und Anliegen, die noch keine Mehrheit hatten», würdigte er Stamm auf Twitter.