Lehmputz mit Goldflitter: Was vegane, biologische Baustoffe können und warum sie Sinn machen
Braun, sehr, sehr altmodisch und kalt. In etwa so lauten die Assoziationen zu Lehm. In allen Farben des Regenbogens, topmodern und kühlend – so beschreibt Thomas Bühler hingegen das Produkt, das seine Firma, die Haga AG aus Rupperswil, an Decken und Wände bringt.
Die Firma ist spezialisiert auf natürliche Baustoffe. «Kunststoff, Lösungsmittel, Chemikalien, all das findet man bei uns nicht», sagt Bühler. Er trat vor über 40 Jahren ins Geschäft ein, das seine Eltern wiederum vom Gründer und Namensgeber, dem Chemieingenieurwissenschaftler Harald Gäumann, übernommen hatten.
«Damals bestand die Kundschaft aus Menschen mit langen Haaren und Korkschuhen»
meint Bühler schmunzelnd, aber nicht despektierlich. Nur waren sogenannt «Alternative» nun einmal jene, die sich als erste und damals einzige für Schafwolle, Kork oder zerfasertes Altpapier als Einblasisolation statt Kunststoffe als Dämmung, und für andere Materialien wie Kalkputz begeistern konnten.
«Heute gehören renommierte Architekten und Baufirmen zu unserer Kundschaft», sagt Bühler. Für das Schloss Lenzburg war die HAGA AG ebenso schon tätig wie in der Schule Hunzenschwil, im Einfamilienhaus-Neubau wie in der Renovation einer Villa.
Goldflitter in der Kalkfarbe
Als Bühler in die Firma einstieg, beschäftigte diese drei Mitarbeitende. So viele arbeiten heute alleine in der Mustermacherei. Dort, wo der Gelbton genau so nuanciert wird, wie es sich die Architektin vorstellt – oder Gold- und Eisenflitter in die kalkbasierte Farbe gemischt werden. «Es gibt nichts, das es nicht gibt», meint Bühler dazu schmunzelnd. Total sind 40 Personen in der Firma angestellt. «Wir sind zwar stetig gewachsen, aber immer noch ein kleines Unternehmen.»
Eines, das eine Nische besetze. Denn die HAGA AG liefert nicht an die Masse, dafür hätte sie gar nicht die Kapazität. Sondern an Menschen, die sich die veganen (da ohne Hilfsstoffe, die auf tierischen Produkten basieren, wie zum Beispiel Rindertalg) und vollbiologischen Baustoffe bewusst aussuchen. «Natürlich sind wir etwas teurer als die konventionellen Betriebe. Das ist vergleichbar mit dem biologischen Gemüse», so Bühler, «dafür bekommt man auch mehr.»
Nicht an Quantität, aber auch Qualität. Einer der Vorteile biologischer Baustoffe ist so aktuell wie nie: Sie wirken kühlend. Während synthetische Stoffe Feuchtigkeit abstossen, nimmt der Lehm sie auf und gibt sie ab, wenn die Raumluft trockener wird.Das beugt ausserdem der Schimmelbildung vor; Naturkalk und Lehm kommen deshalb auch zum Einsatz, wenn alte, feuchte Keller renoviert werden sollen. Weiterer Vorteil der Produkte: Da natürlich und mit wenig Herstellungsenergie produziert wird, sind sie auch klimaschonend.
Seit Jahren Lieferungen nach Japan
Die Lagerräume der HAGA AG scheinen unendlich gross, ebenso die Vielfalt der Produkte. Eben: Statt auf die grosse Produktion setzt die Firma auf die Umsetzung individueller Wünsche. Mit einem Aber: «Wir können nicht zurück in die Höhle», sagt Bühler. Will heissen: Was die Firma herstellt, muss auf dem Bau mit den heutigen Maschinen, Methoden und Garantien an Decken und Wände gebracht werden können.
Und das nicht nur in der Schweiz. 30 Prozent der selbst hergestellten Produkte werden ins nahe Ausland exportiert – und ins viel, viel weitere. Seit über 20 Jahren werden HAGA AG-Produkte nach Japan geliefert. Das kam so:
«Ich bekam damals ein Fax, halb auf Japanisch, halb auf Englisch, sah es mir kurz an und warf es weg»
erinnert sich Bühler. Der Prozess wiederholte sich, bis eines Tages nebst dem Fax auch noch ein E-Mail kam, in welchem der japanische Geschäftsmann seinen Besuch ankündigte. Mit einem Handschlag besiegelten die beiden Männer eine Partnerschaft, aus einigen Kübeln Naturfarbe wurden Paletten und schliesslich Container. Vegane Baustoffe haben einen Imagewandel durchlebt – hier wie anderswo.