AHV-Reform, Massentierhaltung, Verrechnungssteuer: Bauern, Gewerbe und Wirtschaft kämpfen im Aargau gemeinsam am 25. September
Gleich sechs Parteipräsidentinnen und Vertreter von mitgliederstarken Verbänden luden am Mittwoch zur Medienkonferenz im Hinblick auf die Abstimmungsvorlagen vom 25. September. Marianne Binder (Mitte), Sabina Freiermuth (FDP), Andreas Glarner (SVP), Christoph Hagenbuch (Bauernverband), Beat Bechtold (Handelskammer) und Urs Widmer (Gewerbeverband) sagen dreimal Ja und einmal Nein. Sie unterstützen die in zwei Vorlagen aufgeteilte AHV-Reform 21 und die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer – die Massentierhaltungs-Initiative lehnen sie ab.
Mit dem gemeinsamen Auftritt wollen die Verbände und bürgerlichen Parteien die nationale Strategie der Wirtschaft auf kantonaler Ebene umsetzen. Vor einer Woche hatten Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Arbeitgeberverband und Schweizer Bauernverband in Bern ebenfalls für dreimal Ja und einmal Nein geworben. «Es gilt, wichtige Reformen anzupacken, aber unnötige Experimente zu vermeiden», sagte Handelskammer-Direktor Bechtold.
Dass die kantonalen Verbände und Parteien dieselben Positionen vertreten, wie ihre nationalen Pendants, war zu erwarten. Überraschend ist auf den ersten Blick, dass der Gewerbeverband die Erhöhung der Mehrwertsteuer akzeptiert, die mit der AHV-Reform vorgesehen ist. Geschäftsführer Urs Widmer sagte, dies könne zwar zu Preiserhöhungen und Wettbewerbsnachteilen führen. Dennoch sei der Verband dafür, weil damit alle Generationen ihren Beitrag zur Sanierung der AHV leisteten und die Vorlage bei einem Nein zu diesem Teil insgesamt scheitern würde.
Präsidentinnen von Mitte und FDP verteidigen höheres Frauenrentenalter
FDP-Präsidentin Sabina Freiermuth sagte mit Blick auf die umstrittene Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre, bei der Einführung der AHV seien beide Geschlechter erst mit 65 pensioniert worden. Zudem sei das Argument der links-grünen Gegnerschaft falsch, die berechnet habe, dass eine Frau mit der Erhöhung rund 26’000 Franken verliere. «Wenn die Frau ein Jahr länger arbeitet, verdient sie in dieser Zeit sicher mehr, sie profitiert also davon.»
Mitte-Präsidentin Marianne Binder fügte hinzu, die Lebenserwartung der Frauen liege höher als jene der Männer, also sei es auch richtig, wenn das Rentenalter gleich sei. Binder sieht es als Zeichen, dass die Arbeit einer Frau weniger wert sei, wenn sich diese ein Jahr früher pensionieren lassen könne als ein Mann. Die beiden Parteipräsidentinnen sind zuversichtlich, dass die Zustimmung zur AHV-Reform bei Frauen noch steigt – in einer ersten Umfrage waren nur 36 Prozent der Teilnehmerinnen dafür.
Verrechnungssteuer: Auch die Kantonsspitäler würden profitieren
Schlecht stehen die Chancen laut der Umfrage von Tamedia auch für die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer – 51 Prozent der Befragten lehnten diese ab. Binder sagte, man müsse der Bevölkerung klarmachen, dass die Schweiz hier ein Gesetz schaffen könne, ohne sich dem Ausland anzupassen – und das erst noch Vorteile für das Land bringe.
Bechtold hielt fest, von einem Ja würden auch Spitäler oder andere Institution profitieren, weil sie günstiger Anleihen ausgeben könnten. Wäre die Vorlage heute schon in Kraft, würden die Kantonsspitäler Aarau und Baden bei der Finanzierung ihrer Neubauten zusammen rund eine Million Franken pro Jahr sparen.
Massentierhaltung: 95 Prozent Nein, wenn nur Biokäufer zustimmen
Extrem, nicht zielführend, unnötig: Mit diesen Schlagworten wandte sich Bauernverbandspräsident Hagenbuch gegen die Massentierhaltungs-Initiative. Im Abstimmungskampf sprechen die Gegner nur von der Tierhaltungs-Initiative, weil der Begriff Massentierhaltung gar nicht definiert sei. Hingegen gebe es Vorgaben zum Tierbestand, die Schweiz habe ein einzigartig strenges Tierschutzgesetz, es gebe Anreizprogramme für mehr Tierwohl, funktionierende Kontrollen und Label wie Demeter oder KAG Freiland, sagte Hagenbuch.
SVP-Präsident Glarner hielt fest, nur eine kleine Minderheit der Konsumenten kaufe Bioprodukte, dennoch sollten nun die Vorgaben eines privaten Labels in die Verfassung geschrieben werden. Bio wäre dann gar kein Alleinstellungsmerkmal mehr, zudem sie die Nachfrage nach Label-Fleisch bei weitem nicht so gross. Hagenbuch ergänzte, dass die Initiative mit rund 95 Prozent Nein-Anteil abgelehnt würde, wenn nur die Käufer von Biofleisch der Initiative zustimmen würden. Bei einem Ja würde zudem das Tierwohl leiden –, weil viele Konsumenten nur auf den Preis schauen und im Ausland Fleisch einkaufen würden, das unter schlechteren Bedingungen produziert werde.