Leak in Verwaltung: Auch Bundesrat Berset musste bei Sonderermittler antraben – erfolgreicher Kampf gegen 5G-Antenne
Die Leaks im Zusammenhang mit der sogenannten Crypto-Affäre ziehen weitere Kreise – nun sogar bis in die höchsten Etagen von Bundesbern. Jedenfalls soll dazu laut «Weltwoche» vom Donnerstag auch Innenminister Alain Berset vom zuständigen Sonderermittler Peter Marti befragt worden sein. Der SP-Magistrat wurde dem Vernehmen nach «als Auskunftsperson» über Indiskretionen in der Bundesverwaltung befragt, wie die Wochenzeitung von SVP-Nationalrat Roger Köppel schreibt.
Laut dem Zeitungsbericht ist es allerdings kaum denkbar, dass der frühere Zürcher Obergerichtspräsident Marti einen Bundesrat zu Indiskretionen befragt, «ohne handfeste Indizien in Händen zu haben». Berset habe grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht und müsse sich folglich nicht selber belasten. Aber offenbar konnte oder wollte der Magistrat «sich der Befragung nicht unter Berufung auf seine Immunität entziehen», schreibt die «Weltwoche». Auf Anfrage von CH Media wollte der Sprecher des Innenministers, Christian Favre, den Zeitungsbericht nicht kommentieren.
Drei hängige Strafverfahren
Peter Marti wurde von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft als Sonderermittler in dem Fall engagiert. Er soll herausfinden, wer einen Untersuchungsbericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommission über die Crypto-Affäre vorgängig an die Medien weitergereicht hat. Die Kommission erstattete im November 2020 Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung.
Mittlerweile hat der Sonderermittler drei Strafverfahren in die Wege geleitet: eines gegen Markus Seiler, den Generalsekretär des Aussendepartements (EDA), und ein weiteres gegen Peter Lauener, den ehemaligen Kommunikationsleiter von Bersets Innendepartement. Das dritte Verfahren richtet sich gegen Michael Steiner, den Medienchef des EDA, wie Recherchen von CH Media gezeigt haben. Für alle Personen gilt die Unschuldsvermutung.
Das Zuger Unternehmen Crypto geriet im Februar 2020 in die Schlagzeilen. Die Schweizer Herstellerin von Chiffriergeräten hat jahrzehntelang im Auftrag von ausländischen Geheimdiensten manipulierte Verschlüsselungsgeräte hergestellt. Der US-Geheimdienst CIA und der deutsche Bundesnachrichtendienst BND konnten damit ausländische Staaten abhören und ausspionieren.
Bau von Handy-Antenne verhindert
Für weitere Schlagzeilen sorgte Alain Berset am Donnerstag in einer ganz anderen Angelegenheit. So hat sich der Bundesrat gemäss dem «Blick» privat gegen den Bau einer Handy-Antenne an seinem Wohnort gewehrt – und das mit Erfolg. Das erstaunliche dabei laut dem Zeitungsbericht: Berset argumentierte auch mit gesundheitlichen Bedenken. Die Zeitung beruft sich dabei auf Unterlagen, zu denen eine Freiburger 5G-Gegnerin gestützt auf das kantonale Öffentlichkeitsgesetz Zugang bekommen hatte.
Das Telekomunternehmen Swisscom wollte demnach in Belfaux rund 180 Meter entfernt von Bersets Haus eine Antenne bauen lassen. Der Bundesrat, seine Frau sowie seine Mutter und ein weiterer Verwandter sollen dagegen Einsprache erhoben haben. Zudem soll der Gesundheitsminister sich dem Bericht zufolge mit einem eigenen Schreiben an die Gemeinde gerichtet haben, in dem er sechs Argumente gegen die Antenne aufführt.
«Schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier»
Nebst dem gewählten Standort – unter anderem befinden sich eine Schule sowie Kinderkrippen in der Nähe –, und der Beeinträchtigung der Landschaft und der Bausubstanz führt der Bundesrat offenbar auch eine gesundheitliche Beeinträchtigung an. «Elektromagnetische Wellen technologischer Herkunft, insbesondere jene, die von der Mobilfunktechnologie ausgehen, haben schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier», zitiert der «Blick» aus dem Schreiben.
Diese Argumentation dürfte Wasser auf die Mühlen von 5G-Gegnern in der Schweiz sein, führen sie doch seit Jahren gesundheitliche Bedenken gegen den Bau von neuen Antennen an. Dabei will die Landesregierung die 5G-Technologie hierzulande vorantreiben. Christian Favre, Sprecher von Bundesrat Berset, relativiert jedoch im Zeitungsbericht die gesundheitlichen Bedenken, die der Gesundheitsminister als Privatperson anführt. Diese seien nicht das Hauptargument im Schreiben von Berset. Stattdessen gehe es vor allem darum, dass der Standort für die Antenne ungeeignet sei.
Zudem habe der Bundesrat im Brief lediglich darauf hingewiesen, dass «die korrekte Einhaltung der Strahlennormen wesentlich» sei, um Gesundheitsrisiken ausschliessen zu können. Und diese Voraussetzung sei in dem Fall gegeben, hält Favre gegenüber CH Media fest. Die Swisscom sieht noch ganz andere Gründe für den Verzicht: «Wir haben den Standort aufgrund einer negativen Stellungnahme des Amtes für Kulturgüter nicht mehr weiter verfolgt.» In Gesprächen mit den lokalen Behörden «haben wir eine andere Lösung gefunden.» (chm)