Zwischen der Bevölkerung und der Verwaltung: Das Ombudsgesetz nimmt die erste Hürde
Eine kantonale Ombudsstelle soll Anliegen der Bevölkerung aufnehmen, die sich im Umgang mit den Behörden ergeben. Die Stelle prüft die Verhalte, erteilt Auskünfte, klärt Probleme und vermittelt. Es war die CVP-Fraktion (heute: Die Mitte), die im März 2019 eine solche unabhängige Ombudsstelle per Vorstoss forderte. Gestern Dienstag hat der Grosse Rat über ein entsprechendes Gesetz in erster Lesung beraten und dieses mit 73 zu 60 Stimmen befürwortet.
Vorausgegangen war die intensivste Diskussion der Grossratssitzung. Diese fand nur am Nachmittag statt, der Morgen der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerferien war für die Fraktionen reserviert.
Ob man überhaupt auf das Geschäft eintreten soll, war umstritten. SVP und FDP stellten Anträge, es zurückzuweisen. Das wurde jedoch zurückgewiesen.
Gesundheitsdirektor sprang für Egli ein
Jean-Pierre Gallati vertrat das Ombudsgesetz für den Regierungsrat. Der eigentlich zuständige Departementsvorsteher Dieter Egli war krankheitshalber abwesend. Ganz artfremd war die Thematik für Gesundheitsdirektor Gallati indes auch nicht, drehte sich ein guter Teil der Debatte doch darum, ob die Spitäler im Aargau auch in den Wirkungsbereich einer Ombudsstelle fallen sollten.
Nein, fand der Regierungsrat und nein sagte auch der Grosse Rat. Ein Antrag aus der zuständigen Kommission wollte die Spitäler miteinbeziehen, jedoch ohne medizinischen Teil. Seine Fraktion möchte davon abraten, sagte René Huber für Die Mitte. Das «Fuder» würde überladen, das Gesetz würde zu umständlich. Zudem zeige eine Umfrage bei den aargauischen Spitälern und Kliniken, dass diese mit ihren Qualitätsmanagementsystemen zufrieden seien und der Einbezug externer Stellen nicht praktisch wäre.
Dieser Meinung war auch die FDP, die sich auch gegen den Antrag der Kommission stellte, die Aargauische Pensionskasse mit einzubeziehen. Dort gebe es schon eine Oberaufsicht, zudem würde es zu Ungleichheiten zwischen den Pensionskassen kommen. Das sah auch die Parlamentsmehrheit so, der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.
Linke und Mitte dafür
Grundsätzlich waren die linken Parteien für ein Ombudsgesetz, während sich die Bürgerlichen mehrheitlich dagegen stellten. Eine Ombudsstelle könne gar einen Spareffekt haben, sagte Andreas Fischer (Grüne), denn manch ein Rekurs oder eine Anklage könnten durch vorherige Vermittlung einer Ombudsstelle verhindert werden. Für die EVP war erwähnenswert, dass der Schutz von Whistleblowern im Gesetz verankert wäre. Eine Ombudsstelle bewirke, dass sich Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe begegnen können, sagte Alain Burger für die SP-Fraktion.
Das jetzige System, mit den vielen Einsprachemöglichkeiten habe sich bewährt, sagte Bernhard Scholl für die FDP. Steuergelder würden an der falschen Stelle eingesetzt, bemerkte Petra Kuster für die SVP. Für die Vermittlung zwischen Bevölkerung und Verwaltung seien auch die Grossrätinnen und Grossräte zuständig, fand Pascal Furer (SVP). «Ich mache das heute schon. Gratis», so Furer. Auch er bat, dieses «unnötige» Gesetz nicht anzunehmen.
Ombudsperson wäre, anders als Grosser Rat, neutral
Unterstellt wäre die Ombudsperson dem Grossen Rat. Sie habe gegenüber einem Parlamentsmitglied aber den Vorteil, neutral zu sein, sagte Furers Parteikollege, Regierungsrat Gallati. Die Ombudsstelle wäre zwar nicht in erster Linie dazu da, die Verwaltung zu entlasten, während der Pandemie etwa wäre man aber häufig froh gewesen, hätte sich eine Anlaufstelle um die Anliegen aus der Bevölkerung gekümmert.