Hitze sei Dank: Kürbisse werden heuer sehr früh geerntet
Sie heissen zum Beispiel Sunshine, BonBon, Butterkin, Casperita, Black Lamp, Shokichi Shiro, Sweet Lighting oder Carnival. Sie haben die verschiedensten Formen und Farben. Und sie sind dieses Jahr früh dran. «Ja», bestätigt Sämi Niklaus, «das heisse Wetter hat den Reifeprozess der Kürbisse beschleunigt, wir konnten rund zwei bis drei Wochen früher ernten als üblich.»
Zusammen mit seiner Frau Luzia Niklaus-Luder konnte Sämi Niklaus auf den 1. Januar dieses Jahres den Hof seines Onkels Walter Meyer im Küngoldinger Schürrain übernehmen. Doch der gelernte Schreiner Niklaus weiss, wovon er spricht: «Ich war viel bei meinem Onkel und habe immer mitgearbeitet auf dem Hof.»
Und auch seine Frau kennt das Business aus dem Effeff, ist sie doch auf einem Oftringer Milchwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau aufgewachsen, hat bereits den Fachkurs Bäuerin auf der Liebegg absolviert und wird demnächst die Berufsprüfung Bäuerin mit Fachausweis abschliessen. «Für uns ist die Übernahme des Hofs ein riesiges Geschenk gewesen – wir konnten uns so unseren grössten Berufswunsch erfüllen», sagt Luzia Niklaus. Es sei traumhaft, hier – abseits aller Verkehrsströme und in der Nähe des Waldrands – zu wohnen, für die dreijährige Tochter Julia natürlich auch.
Kein einfaches Jahr auch für Kürbisse
Der Hof ist von der Betriebsgrösse her eher klein. Drei Hektaren eigenes, rund 3 ½ Hektaren Pachtland werden bewirtschaftet. Die beiden wichtigsten Standbeine sind der Heidelbeeranbau auf 18 Aren und der Kürbisanbau auf 90 Aren. Der Kürbisanbau war dieses Jahr nicht einfach, obwohl die Kürbispflanze – ist sie einmal im Boden – als relativ anspruchslos gilt. «Wir mussten dieses Jahr bewässern, auch das Laub ging wegen der hohen Temperaturen früher weg», sagt Sämi Niklaus. «Doch trotz aller Widrigkeiten wie hohen Temperaturen, Trockenheit und sogar Hagel durften wir eine schöne Ernte einfahren», betont der 31-Jährige. Es habe nur verkraftbare Ausfälle wegen Hagel gegeben, auch etwas weniger Volumen wegen der Trockenheit.
Ein Blick in den Hofladen, wo die Kürbisse fein säuberlich getrennt nach Zier- und Speisekürbissen präsentiert werden, bestätigt die Aussagen. Ob orange, rot, beige, grün, bläulich oder gräulich, ob rund, oval, länglich oder flaschenförmig – die Kürbisse haben den Wetterkapriolen tadellos standgehalten. Die Auswahl an Farben und Formen ist riesig, rund 70 verschiedene Sorten an Zier- und Speisekürbissen werden im Hofladen angeboten. «Von der Auswahl her sind wir wahrscheinlich einer der grössten Anbieter in der Region», mutmasst Sämi Niklaus. Es sei auch gerade diese Artenvielfalt, die ihn an der Pflanze fasziniere, die er im Übrigen selber ziehe. «Rund 10 000 Pflanzen im Jahr, die zuerst im Tunnel angezogen werden», sagt er, was wegen der Vielfalt der Pflanzen äusserst herausfordernd sei. Jedes Jahr werden neue Sorten angepflanzt, ausprobiert und bei Eignung in den Verkauf gebracht.
Die Familie der Kürbisgewächse zählt weltweit mehr als 100 Gattungen mit rund 850 Arten, die sehr individuell sind. Ursprünglich stammen alle Sorten von fünf verschiedenen Wildsorten ab, die weitergekreuzt wurden. Angebaut werden Kürbisse seit über 10 000 Jahren – sie gehören somit zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Ursprünglich kommt die Pflanze aus Amerika, wo der Kürbis bei den Maya und Azteken als eines der Grundnahrungsmittel galt.
Anbaufläche seit 2009 verdreifacht
Mit dem Aufkommen des Halloween-Brauchs seit den 1990er-Jahren in der Schweiz boomt der Anbau auch in unseren Gefilden. Die Speisekürbis-Anbaufläche hat sich in der Schweiz seit 2009 beinahe verdreifacht, von rund 138 auf fast 393 Hektaren. Die Zahlen dürften in Tat und Wahrheit aber noch deutlich höher liegen, als die Statistik der Schweizerischen Zentralstelle für Gemüsebau zeigt. Denn diese widerspiegelt nur den Anbau für den Handel. Branchenkenner gehen aber davon aus, dass der grösste Teil der Kürbisse direkt ab Hof verkauft wird.
Wahrscheinlich einer der ersten Landwirte in der Region, der die steigende Nachfrage nach Kürbisgewächsen erkannte, war Sämi Niklaus’ Onkel Walter Meyer. Seit mehr als 30 Jahren ist die Marke «Kürbis-Meyer» in der Region ein Begriff. Die Anbaufläche auf dem Hof im Schürrain möchte die Familie Niklaus trotzdem nicht vergrössern. «Wir möchten ein Familienbetrieb bleiben», sagen Luzia und Sämi Niklaus, die weiterhin auf die Mithilfe von Onkel Walter Meyer und Tante Ruth Haberstich mit ihrem Mann Michael sowie auf viele helfende Hände beim Aufbereiten der Produkte zählen dürfen.
Gerade die Erntezeit sei jeweils sehr arbeitsintensiv, müssten doch die Kürbisse sehr sauber gewaschen werden, um allfällige Schadstellen zu erkennen. Zu bedenken sei auch, dass der Kürbis ein Starkzehrer sei, der dem Boden viele Nährstoffe entziehe. Deshalb wird der Anbaustandort auch alle zwei Jahre gewechselt. Weiteres Potenzial im Kürbisanbau sieht Niklaus trotzdem. «Die Nachfrage ist durchaus da», betont er.
Vom Arme-Leute-Gericht zur Delikatesse
Mit ein Grund für die wachsende Nachfrage dürfte sein, dass der Kürbis von seinem langjährigen Ruf als typisches Kriegsgemüse und Arme-Leute-Gericht befreit wurde, als er den Weg zurück in die Feinschmeckerküche fand. «Ein Kürbis kann so vielfältig verwendet werden», schwärmt denn auch Luzia Niklaus, «roh im Salat, gekocht als Suppe, als Gratin, im Kuchen, verarbeitet zur Konfitüre.» Ausserdem schmecken Kürbisse immer gut und sind zudem gesund, denn sie sind vitaminreich, enthalten 95 Prozent Wasser und sind daher kalorienarm.
Und welches sind die Lieblingssorten? Luzia Niklaus muss nicht lange überlegen. «Ich mag den BonBon sehr, weil man ihn wie ‹Gschwellti› zubereiten kann. Der Sunshine ergibt wunderbare Gratins, auch den Winter Sweet mag ich sehr.» Derweil schmunzelt Sämi Niklaus immer noch ein wenig. Er habe eigentlich alle Zubereitungsarten von Kürbis gern – wenn es noch einen «Mocken Fleisch» dazugebe.