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Der Aargau kritisiert den Bund – und verlangt 80 bis 100 Millionen Franken mehr für das Bahnangebot im Unteren Aaretal

Der Bund will an den Plänen für den Bahn-Ausbauschritt 2035 Anpassungen vornehmen. Das löst im Aargau mehr als nur Stirnrunzeln aus.

Das Bahnangebot in der Schweiz wird in grösseren Ausbauschritten immer wieder angepasst und dabei meist verbessert. Der nächste grössere Schritt ist der «Step 2035». Bern will jetzt daran Anpassungen vornehmen. Die Kantone können dazu Stellung nehmen. Der Verpflichtungskredit dafür soll um 980 Millionen Franken erhöht werden. Da könnte man meinen, dass reihum Zustimmung kommt.

Die Aargauer Regierung übt an den Vorschlägen allerdings deutliche Kritik. Es zeige sich, schreibt sie nach Bern, dass der Ausbauschritt zu wenig genau geplant war. Dies führe zu einer «Diskrepanz zwischen den beschlossenen Bauwerken und dem vermeintlich damit möglichen Angebot».

Verzicht auf Entflechtung West beim Eppenbergtunnel wirkte negativ

Der Kanton Aargau stelle sich daher kritisch gegenüber Kostenreduktionsstrategien. Kosteneinsparungen dürften die Funktionalität der Anlage und deren Weiterentwicklung nicht nachteilig beeinflussen. In den letzten Ausbauprogrammen seien immer wieder Projektanpassungen vorgenommen worden, die sich negativ auf das Angebot ausgewirkt haben. Es gab zum Beispiel Stabilitätsprobleme und mangelnde Flexibilität im Verspätungsfall aufgrund des Verzichts auf die Entflechtung West beim Eppenbergtunnel.

Die spätere Nachrüstung koste aufgrund des Bauens unter Betrieb jeweils ein Mehrfaches des eingesparten Betrags. Zum Beispiel Vollausbau Lötschberg-Basistunnel oder Zimmerberg II. Die Aargauer Regierung beantragt, «für die Knoten Basel und Bern die notwendigen Kredite zu erhöhen, damit die Produktion des Angebots überhaupt möglich ist».

Regierung: Vorschlag ist ein Rückschritt für das Untere Aaretal

Für das Angebot im Unteren Aaretal zwischen Baden und Waldshut / Bad Zurzach sei im Ausbauschritt 2035 keine befriedigende Lösung gefunden worden, heisst es weiter. Der Angebotsvorschlag im Ausbauschritt sei gar ein Rückschritt gegenüber dem heutigen Angebot, bei dem die Hauptverkehrszeit-Leistungen der S19 nicht mehr bis Koblenz, sondern nur bis Döttingen vorgesehen waren.

In der Zwischenzeit hat sich gezeigt, dass die Hauptverkehrszeit-Leistung sogar nur noch bis Siggenthal-Würenlingen fahrbar ist. Zudem fährt sie im Abstand von wenigen Minuten zur regulären S-Bahn, womit sie keine zusätzliche Erschliessungswirkung erzeugt.

Die Aargauer Regierung erinnert daran, dass das Untere Aaretal verschiedene Entwicklungsschwerpunkte für Wohnen und Arbeitsplätze hat und die Hauptachse für die Pendlerinnen und Pendler aus dem süddeutschen Raum in die Arbeitsplatzgebiete im Raum Baden/Brugg ist.

Hier Rückschritt, aber Schweizer Geld für Ausbau der Hochrheinstrecke?

Ein Rückschritt in der Bahnerschliessung gegenüber heute sei daher «nicht akzeptabel, zumal die deutsche Hochrheinstrecke – unter anderem auch mit Geldern aus dem Bahninfrastrukturfonds – ausgebaut und somit das Einzugsgebiet auf deutscher Seite bahntechnisch besser erschlossen wird».

Die Problematik sei auch von den SBB und dem Bundesamt für Verkehr erkannt und in einer gemeinsamen Angebotswerkstätte angegangen worden, aber: «Ohne zusätzliche oder geänderte Infrastrukturen ist eine Lösung zurzeit nicht absehbar.» Die notwendigen Infrastrukturen für den Erhalt des Status quo seien zu genehmigen, da hier der Ausbauschritt 2035 unzureichend geplant sei, bemängelt die Aargauer Regierung.

Aargau verlangt zusätzliche 80 bis 100 Millionen Franken fürs Untere Aaretal

Fazit: Der Kanton Aargau beantragt, dass der Kredit zum Ausbauschritt um 80 bis 100 Millionen Franken erhöht wird, um das Angebot im Unteren Aaretal «wieder mindestens auf den Stand vor dem Ausbauschritt 2035 zu bringen».

Für den S-Bahn-Viertelstundentakt Basel–Liestal gehört zum Ausbauschritt 2025 die Entflechtung Pratteln: Kostenpunkt 510 Millionen Franken. Zwischenzeitlich gehen die SBB davon aus, dass die geplanten Fahrplanangebote bis und mit Ausbauschritt 2035 auch ohne die Entflechtung klappen. Der Bundesrat will diese Entflechtung somit aus dem Ausbauprogramm streichen.

Ohne Entflechtung Pratteln kein Viertelstundentakt Basel–Rheinfelden

Diese sei jedoch eine Voraussetzung für den S-Bahn-Viertelstundentakt Basel–Rheinfelden und weitere Angebotsschritte, kritisiert die Aargauer Regierung. Diese Entflechtung müsste dann für einen nächsten Ausbauschritt erneut beantragt werden. Dies widerspreche der Systematik des Prozesses über mehrere Ausbauschritte.

Der zusätzliche Mittelbedarf für den Angebotsausbau im Fricktal, für den auch ein drittes Gleis Pratteln–Rheinfelden notwendig ist, «würde dadurch deutlich höher ausfallen und sich ungünstig auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis auswirken, wodurch Hürden für den Viertelstundentakt zusätzlich erhöht würden». Die Kantone der Nordwestschweiz erwarteten weiterhin, dass das Bundesamt für Verkehr den gemäss Ausbauschritt 2025 beschlossenen Ausbau in Pratteln zum notwendigen Zeitpunkt umsetzt, heisst es weiter. Auf eine Streichung der Entflechtung Pratteln aus dem Ausbauschritt 2025 sei zu verzichten, so der Antrag aus Aarau.

30-Minuten-Takt Zürich–Bern mit Halt in Aarau in der Hauptverkehrszeit verzögert sich

Der Kanton Aargau bedauere sehr, heisst es weiter, dass sich die Einführungen der Hauptverkehrszeit-Züge Bern–Zürich mit Halt in Aarau sowie der 30-Minuten-Takt Luzern–Zofingen–Bern wegen der Umbauten im Bahnhof Bern weiter verzögern. Die Einführung der Hauptverkehrszeit-Züge war mit der Eröffnung des Eppenbergtunnels geplant, der 30-Minuten-Takt Luzern–Zofingen–Bern spätestens Mitte der 20er-Jahre.

Darüber hinaus beantragt die Regierung, dass die Arbeiten, insbesondere die Perronverlängerungen der Gleise 1–3 im Bahnknoten Olten, vollständig über den Ausbauschritt 2035 finanziert werden. Dazu sei der Kredit zu erhöhen.

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