Kaufkraft: Ständerat zeigt ein Herz für Autofahrerinnen und Rentner
Die Teuerung zieht in der Schweiz weiter an. Im August kletterte die Inflation auf 3,5 Prozent. Letztmals so hoch war sie im Herbst 1993. Für das Parlament Grund genug, um sich an einer ausserordentlichen Session mit der Kaufkraft zu beschäftigen. Nachdem der Nationalrat bereits am Mittwoch über verschiedene Konzepte gestritten hatte, war der Ständerat am Montag am Zug.
Insgesamt 13 Vorstösse von links bis rechts lagen zur Beratung bereit. Einzig die FDP hielt sich zurück. Die Anliegen reichten von der Abschaffung des Eigenmietwerts für Rentner über den vollen Abzug der Krankenkassenprämien in der Steuererklärung, Massnahmen bei den Treibstoffpreisen und «Bundesschecks», um Haushalte vor dem Kaufkraftverlust zu schützen, bis zum sofortigen Teuerungsausgleich bei AHV-Renten.
Preisrechner für Treibstoffe findet Gehör
Auch ein Thema waren – wie bereits in der Sommersession – die hohen Treibstoffkosten. Dazu gehörte ein Vorstoss von Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (SO), der einen Preisrechner für Treibstoffe einführen und damit «ein Stück Transparenz» schaffen will, wie er in der Debatte sagte. Ganz nach dem österreichischen Vorbild sollen die Autofahrerinnen und Autofahrer auf der Online-Plattform die günstigste Tankstelle in ihrer Umgebung finden können. Bischof erhofft sich davon, dass die Preise sinken werden.
Der Vorstoss geht auf ein Anliegen des Preisüberwachers Stefan Meierhans zurück. Der Ständerat stimmte ihm schliesslich mit 25 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung zu – entgegen dem Willen des Bundesrats. Laut Guy Parmelin führt er vor allem zu «administrativem Aufwand». Der Preisrechner geht nun in den Nationalrat.
Renten sollen an Teuerung angepasst werden
Ebenfalls angenommen wurde zwei Anliegen von Seiten der Mitte und der SP. Die Parteien wollen einen sofortigen und vollständigen Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten. Die Rentnerinnen und Rentner seien jetzt von der hohen Teuerung betroffen, deshalb müsse man auch jetzt handeln, sagte Pirmin Bischof. Und SP-Ständerat Paul Rechsteiner (SG) betonte, dass vor allem Seniorinnen und Senioren mit tiefen Renten auf den Ausgleich angewiesen seien. Der Nationalrat hatte das gleiche Anliegen ebenfalls unterstützt.
Noch nicht ganz vom Tisch ist der um 30 Prozent höhere Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung im kommenden Jahr, der vom Nationalrat gutgeheissen wurde. Die zwei gleichlautenden Vorstösse der Ständerätinnen Marina Carobbio Guscetti (SP/TI) und Isabelle Chassot (Mitte/FR) wurden an die Kommission zur Beratung überwiesen. Alle übrigen Vorstösse blieben chancenlos.
Kritiker sehen keine Notwendigkeit für staatliches Handeln
Finanzminister Ueli Maurer erklärte vergeblich, dass der Staat kein Geld für die jetzt geforderten Giesskannenlösungen habe. «Alles, was Sie heute beschliessen, führt zu Sparprogrammen», sagte er. Gleichzeitig betonte Maurer, dass die Schweiz mit einer Teuerung von 3,5 Prozent gerade im Vergleich mit dem Ausland gut dastehe und staatliches Handeln momentan nicht angezeigt sei – abgesehen davon, dass es zu lange dauere, bis die Vorstösse umgesetzt würden. «Wenn wir es ordentlich machen, treten die notwendigen Gesetzesänderungen etwa 2025 in Kraft.»
Dem schloss sich Alex Kuprecht (SVP/SZ) an. «In der Schweiz von einem exorbitanten Kaufkraftverlust zu sprechen, ist weit verfehlt», sagte er. Es stelle sich die Frage, ob eine Teuerung von 3,5 Prozent das Parlament zu «hyperaktivem Handeln» verleiten solle. «Und wie reagieren wir, wenn sie auf 7, 8 oder 9 Prozent steigen sollte?» Für ihn ist klar: Rufe nach Bundesbeiträgen seien nicht angebracht.
Für Eva Herzog (SP/BS) kommen die Vorstösse zur Stärkung der Kaufkraft hingegen zur rechten Zeit. «Vor allem die gezielten Vorstösse wie die zur Prämienverbilligung oder AHV-Renten eignen sich gut», sagte sie. Und Maya Graf (Grüne/BL) betonte, dass die Krise diejenigen am meisten treffe, die bereits nichts haben.