Der Nationalrat will den Eigenmietwert abschaffen – doch mit dem Vorschlag hat er ein Problem
Die Abschaffung des Eigenmietwerts geistert schon lange durch die Schweiz. Doch bislang wollte es nicht so recht: Zweimal sagte das Stimmvolk Nein, mehrfach war bereits im Parlament Schluss. Doch nun dürfen sich Hausbesitzer neue Hoffnungen machen: Stände- und Nationalrat sind sich grundsätzlich einig, dass der Eigenmietwert abgeschafft werden soll.
Nachdem sich der Ständerat im vergangenen September knapp dafür ausgesprochen hatte, zog der Nationalrat am Donnerstag mit 125 zu 68 Stimmen nach und trat trotz Widerstand von SP und Grünen auf die Vorlage ein – nur um die Vorlage mit 114 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen sofort an die Kommission zurückzuweisen.
Kommission muss nochmals über die Bücher
SP, Grüne und GLP unterstützten dabei einen Antrag von Markus Ritter (Mitte/SG). Dieser sah Überarbeitungsbedarf und will daher eine Subkommission einsetzen. Für ihn hat sich die Vorlage, wie sie im Nationalrat vorliegt, «deutlich vom eigentlichen Auftrag entfernt». Zudem müssten die Kantone, die den Vorschlag aufgrund der befürchteten Steuerausfälle massiv ablehnen, enger in die Entscheidung eingebunden werden. «Das ist möglich mit einer Subkommission», sagte Ritter.
Damit der Nationalrat zu einer Lösung kommt, braucht es laut Ritter Vernunft von allen Seiten. «Es ist nicht möglich, den Fünfer, das Weggli und die Bäckersfrau zu bekommen», sagte er. «Bei Steuervorlagen braucht es ein Miteinander.» Mehr oder weniger einig sind sich die Parteien darin, dass der Eigenmietwert abgeschafft oder zumindest angepasst werden soll – etwa weil er Anreize schafft, sich zu verschulden oder für Rentnerinnen und Rentner mit wenig Einkommen zu Liquiditätsproblemen führen kann.
Vorschlag der Kommission sorgt für Steuerausfälle in Milliardenhöhe
Die eigentliche Vorlage aus der nationalrätlichen Kommission stiess auf wenig Wohlwollen. Diese sah vor, den Eigenmietwert komplett abzuschaffen – auch für Zweitwohnungen. Gleichzeitig sollten Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten weiterhin vollständig von den Steuern abgezogen werden können.
«Da ist nicht mehr viel zu retten», sagte etwa Grünen-Präsident Balthasar Glättli (ZH). Und für Leo Müller (Mitte/LU) war klar: «Mit dieser Vorlage fahren wir den Systemwechsel an die Wand.» Kathrin Bertschy (GLP/BE) erklärte, die Kommission habe zwar die Abschaffung des Eigenmietwerts beschlossen, aber keinen Systemwechsel.
Die Beschlüsse der Kommission hätten Kosten in Milliardenhöhe verursacht, wie ein Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung zeigt. Sie schätzt die Mindereinnahmen bei einem Hypothekarzinsniveau von 1,5 Prozent auf rund 3,8 Milliarden Franken – das ist etwa doppelt so viel wie beim ständerätlichen Beschluss, bei dem Steuerabzüge teilweise erlaubt gewesen wären. «Eine Abstimmung auf dieser Basis ist nicht zu gewinnen», sagte Ritter.
Beim Eigenmietwert handelt es sich um eine fiktive Miete. Hauseigentümer müssen diese als Einkommen versteuern. Da Mieterinnen und Mieter keine Unterhaltskosten und Schuldzinsen in der Steuererklärung abziehen können, soll der Eigenmietwert für steuerliche Gleichstellung sorgen. Der Eigenmietwert entspricht etwa 60 bis 70 Prozent des Betrags, den ein Mieter für die Immobilie jährlich bezahlen müsste.