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Das Restaurant der ersten Autobahnraststätte war ein SBB-Speisewagen

Benzin fürs Auto, Proviant für die Autofahrer: Im Oktober 1967 stand neben der Autobahnraststätte in Kölliken Süd als Provisorium ein Speisewagen der SBB. Eine neue Folge in der Serie «Zeitgeschichte im Bild». 

Diese Zeitung veröffentlicht jeweils zu Monatsbeginn in Kooperation mit Zeitgeschichte Aargau eine Fotografie aus der jüngsten Vergangenheit seit 1945. Die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum Aarau widmet sich den gleichen Themen und präsentiert den «Bilderkosmos eines halben Jahrhunderts» www.zeitgeschichte-aargau.ch

Im August 1967 kam es auf der Nationalstrasse 1, so der damalige Name der heutigen A1, bei Oftringen zu einer kuriosen Szene. Im Schritttempo schleppte ein Saurer-Lastwagen einen Speisewagen der SBB nach Safenwil hoch und weiter Richtung Kölliken. Drei Männer folgten dem ungewöhnlichen Transport und warnten mit roten Flaggen die wenigen Autofahrer. Der Speisewagen gehörte zur ersten Autobahnraststätte der Schweiz. Gemietet von den Bundesbahnen, ergänzte er die neue Tankstelle.

Denn nicht nur Treibstoff, Reifendruck und Ölstand galt es zu überprüfen auf der Fahrt zwischen Bern und Zürich. Auch die Menschen im Wagen sollten sich erfrischen und stärken können. Das Provisorium, platziert auf einem kurzen Stück Geleise, weckte beim Schweizer Fernsehen den spöttischen Kommentar: «Von wegen Konkurrenzkampf zwischen Bahn und Strasse».

Alles auf die Bedürfnisse der Autofahrer abgestimmt

In jenen Jahren war die Massenmotorisierung bereits fortgeschritten. Die automobile Gesellschaft verlangte nach neuen Einrichtungen, oft nach US-amerikanischem Vorbild. Abgesehen von Tankstellen und Raststätten baute man für die Bedürfnisse der Automobilistinnen und Automobilisten: An verschiedenen Orten im Kanton standen PTT-Briefkasten mit dem Einwurf auf der Höhe des Autofensters. Ohne Aussteigen waren sie bequem zu bedienen.

Kölliken Süd war 1967 die erste Autobahnraststätte der Schweiz. Als Restaurant diente ein alter Speisewagen der SBB.
Eth Bibliothek

Die Hypothekarbank Lenzburg stattete 1975 ihren Neubau mit einem Drive-in-Bankschalter aus. 1997 richtete McDonalds in Bremgarten ein Drive-in-Fast-Food-Restaurant ein. Bereits Ende der 1950er-Jahre eröffnete in Spreitenbach das Motel City-Terminal. Es handelte sich um eine pavillonartige Herberge, in der die Zimmer direkten Aussenzugang zum parkierten Auto hatten.

Gut drei Jahre nach der Einrichtung des teilweisen Provisoriums in Kölliken Süd durfte sich das Publikum einige hundert Meter weiter Richtung Zürich in der entgegengesetzten Fahrtrichtung an einem neuen Bauwerk freuen. Die Autobahnraststätte Restoroute Kölliken öffnete Anfang Oktober 1970 ihre Türen.

Restoroute löste 1972 den Speisewagen ab

Als Bauherr trat der Aargauer Autogewerbeverband in Erscheinung, der das Land vom Kanton im Baurecht übernahm. Augenfällig an dem Pionierbau unter den Autobahnraststätten in der Schweiz ist der grosse Gestaltungswille der verantwortlichen Architekten. Das ist kein Zufall. Der Auftraggeber schlug Angebote für eine standardisierte Raststätte durch die Tankstellenbetreiberin Gulf Switzerland aus. Vielmehr wollte sie ein ebenso hochwertiges wie einmaliges Autobahngebäude erstellen lassen.

Die Autobahnraststätte Kölliken Nord in einer Aufnahme von 1971.
Photoglobe

Im Gegensatz zu anderen Raststätten zeichnet sich die Kölliker Baute dadurch aus, dass es mehrere Etagen hoch ist. Man habe bewusst einen Baukörper entworfen, der von weither sichtbar sei und damit die Raststätte von anderen Gestaltungsmitteln wie hoch aufragenden Leuchtreklamen unabhängig mache, so der aus Ungarn stammende Architekt Miklos Hajnos (*1936). Das Provisorium mit dem SBB-Speisewagen in Kölliken Süd fand 1972 mit dem Bau eines Restaurants ebenfalls ein Ende.