Putins Spiel beim Getreide-Deal zeigt: Mit diesem Mann lässt sich nicht verhandeln
Die Täter-Opfer-Umkehr gehört zum Standardrepertoire von Demagogen. Putin begeht seit Wochen mit Raketen- und Drohnenattacken auf zivile Ziele offensichtliche Kriegsverbrechen, doch nun brandmarkt er den ukrainischen See-Angriff auf Kampfschiffe im russischen Flottenstützpunkt Sewastopol als «terroristischen Akt».
In seiner ganz eigenen Logik setzt Moskau deshalb das UNO-Abkommen über die Getreideausfuhr aus. Das könnte die weltweite Nahrungsmittelkrise verschärfen und trifft vor allem die ärmsten Länder in Afrika.
Schlimm genug. Aber was den Krieg betrifft, schadet sich Putin damit vor allem selbst. Die Ukraine dürfte seine Reaktion vorhergesehen haben: Mit dieser isoliert sich der Kreml-Chef international noch mehr. Und das in einem Moment, wo anfängliche Verbündete wie China und Indien sich nach und nach von Russland distanzieren.
Selenskis Stab hat erkannt, dass eine der wenigen Optionen, die Putin noch verblieben sind, der Widerruf des in den Augen der Kreml-Propagandisten eh widersinnigen Getreidedeals ist. Und den Kriegstreiber zu genau dieser Reaktion provoziert.
Den um die Existenz ihrer Heimat ringenden Ukrainern darf dieses Kalkül nicht vorgeworfen werden. Vielmehr führt es der Welt vor Augen, dass Putin als Verhandlungspartner die allerletzte Glaubwürdigkeit verloren hat. Wenn er das Getreideabkommen bei der erstbesten Gelegenheit als Druckmittel missbraucht, zeigt das überdeutlich: Mit diesem Mann lässt sich kein Deal aushandeln.