Stephan Keller nicht mehr Aarau-Trainer: Trennung im gegenseitigen Einvernehmen, weil das Team sich gegen ihn aussprach
Sandro Burki, der Sportchef des FC Aarau, hatte seinem Trainer Stephan Keller nochmals eine Chance geben wollen. Wenigstens bis zur Winterpause sollte dieser die Gelegenheit haben, die Wende herbeizuführen und das für Challenge-League-Verhältnisse gut besetzte Team nach dem Abrutschen in den 6. Rang und mit acht Punkten Rückstand auf die Aufstiegsplätze wieder in die Spur zu bringen.
Jetzt mussten sie in Aarau doch die Reissleine ziehen. Am Dienstagmorgen trennten sich Klub und Trainer «im gegenseitigen Einvernehmen», nachdem Sportchef Sandro Burki und Präsident Philipp Bonorand Keller mitgeteilt hatten, dass sich die Mannschaft gegen ihn ausgesprochen hätte. Damit muss der Trainer gehen, der seit Aufstiegscoach René Weiler (2011 bis 2014) im FCA am längsten im Amt war.
Dem Vernehmen nach fielen die Würfel eigentlich schon am Samstag zuungunsten von Keller. Etwas mehr zwölf Stunden nach dem 1:2 gegen Stade Lausanne-Ouchy, der dritten Niederlage in der Meisterschaft in weniger als zwei Wochen, gab es nach dem Training eine Aussprache im Team, bei der nur die Spieler dabei waren. Die ausserplanmässige Sitzung mündete schliesslich in ein Plebiszit – mit klarem Votum gegen den Trainer. Die Klubführung wurde darüber am Sonntag informiert.
Absturz innerhalb von vier Wochen
Der Absturz des FC Aarau in den letzten zwei bis drei Wochen überraschte. Nur etwas mehr als einen Monat ist es her, dass der FCA nach einer positiven Serie von elf Punkten aus fünf Spielen in der Meisterschaft sowie einem begeisternden Auftritt im Cup gegen den FC Basel auf Kurs war. Keller hatte es in der Startphase der Saison erstaunlich schnell geschafft, der Mannschaft trotz grossem Umbruch im Sommer eine neue Identität zu geben und mit ihr konstante Resultate zu erzielen.
Es schien sich ausbezahlt zu haben, dass die sportliche Führung um Burki an Keller trotz der Enttäuschung über den im letzten Spiel verpassten Aufstieg festgehalten hat. Mehr noch: Als der Name von Stephan Keller Ende September dem Vernehmen nach auf dem Radar von FCZ-Präsident Ancillo Canepa aufgetaucht war, befürchte in Aarau sogar manch einer, der Trainer könnte den FCA in Richtung Super League verlassen.
Die Probleme kamen dann im Oktober. Erst schleichend. dann wurden sie immer deutlicher sichtbar. Wegen der Knieverletzung von Topskorer Shkelqim Vladi und der Sperre gegen Mittelfeldspieler Allen Njie (3 Spiele) musste Keller die zwei prägendsten Spieler der ersten Wochen der Saison ersetzen. Es war der Beginn einer Phase verunglückter Rotationen, zu vielen Systemwechseln und teilweise diskutabler Personalentscheide. Keller rückte von der Dreierabwehr ab und bastelte an der Disposition im Mittelfeld herum. Er setzte den einen Spieler mal in der Innenverteidigung und mal im Mittelfeld ein, und den anderen mal auf dem Flügel und dann wieder im offensiven Zentrum.
Kurz: Keller schraubte – teilweise auch unfreiwillig – an einer ziemlich gut geölten Maschine herum und fand die richtige Zusammensetzung nicht mehr. Dies alles förderte bei den einen Spielern die Verunsicherung, bei anderen die Unzufriedenheit – mit für den Trainer letztlich fatalen Konsequenzen.
Trotzdem schien es bis zuletzt, als habe Keller die Mannschaft noch einigermassen hinter sich. Nach dem desaströsen 0:4 von Mitte Oktober in Vaduz wurden zwar die Resultate nicht deutlich besser – Aarau holte in der Folge aus den drei Spielen gegen Bellinzona (0:1), Neuchâtel Xamax (3:3) und Lausanne-Ouchy (1:2) nur einen Punkt -, doch liess sich das Team nie gehen. Es begegnete den Widersachern drei Mal mindestens auf Augenhöhe.
Wie letzte Saison! Oder doch nicht?
Auch deshalb vertrauten sie im FCA zunächst darauf, dass Trainer und Mannschaft die Negativspirale würden durchbrechen können. So wie sie es in der Vergangenheit auch schon gemeinsam geschafft hatten. Denn ähnliche Situationen erlebte der FC Aarau auch in der letzten Saison. In der Vorrunde gab es einmal fünf Spiele mit drei Niederlagen und nur vier Punkten. Danach gewann der FCA acht von neun Spielen und stürmte von Platz 6 auf den Leaderthron. Und im Frühjahr verlor Aarau einmal fünf von sechs Spielen. Es folgten fünf Siege am Stück.
Was allerdings hinter diesen Zahlen auf den ersten Blick nicht erkennbar ist: Damals, in der Endphase der letzten Saison, gewann Aarau auf dem Weg zum (Fast-)Aufstieg hintereinander gegen den späteren Absteiger Kriens, Xamax, Yverdon und Lausanne-Ouchy. Alles Teams, welche zu diesem Zeitpunkt längst im «Kehraus-Modus» agierten.
In der aktuellen Situation war es ungleich schwieriger, sich wieder hochzuziehen. In der Challenge League gibt es mit Ausnahme des abgeschlagenen Tabellenletzten Xamax, der sich in den letzten Wochen allerdings auch etwas gefangen hat, kein Team, das abfällt. Kein Spiel ist ein Selbstläufer.
Deshalb verlor Super-League-Absteiger Lausanne-Sport trotz des teuersten und besten Kaders der Liga drei der letzten fünf Spiele und liegt nur auf Platz 4. Und Thun, auf dem Papier neben Lausanne und Aarau der dritte grosse Aufstiegsanwärter, holte zuletzt aus vier Spielen nur einen Punkt und ist sogar nur Siebter – punktgleich mit dem letztjährigen Barrage-Teilnehmer Schaffhausen und dem aktuellen Europa-League-Teilnehmer Vaduz.
In diesem ausgeglichenen Feld ist es schwierig, eine Siegesserie zu realisieren, die einen in ruhigeren Gewässern fahren liesse und das anspruchsvolle Umfeld beruhigen würde. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob dies dem FC Aarau nun ohne Stephan Keller trotzdem gelingt.