«Ich wurde in Wimbledon abgewiesen»: Federer plaudert bei Trevor Noah aus dem Nähkästchen
Seit seinem Rücktritt als Tennisprofi im September ist der Rummel um Roger Federer etwas kleiner geworden. Ganz so oft hört man nicht mehr von ihm, besonders im Fernsehen ist der Maestro kaum mehr zu sehen – zumindest nicht auf dem Tennisplatz. Dafür nahm er sich diese Woche die Zeit, um in New York einen Auftritt bei der «Daily Show» zu geben. Moderator und Gastgeber Trevor Noah hatte sichtlich Freude daran – und, gemessen an seiner Plauderlaune, Federer selbst wohl auch.
Dabei kamen einige bisher unbekannte Anekdoten zum Vorschein. Über diese Themen sprach Federer während seines gut 20-minütigen Auftritts in der «Daily Show»:
Seine Karriere
«Ich hoffe, wir verlieren bei der wachsenden Professionalität im Sport den Spass daran nicht.»
Zu Beginn will Noah mit Federer über dessen aktive Tenniskarriere sprechen. Hier teilt der Schweizer seine Erlebnisse und Gedanken, unter anderem über den Druck, der durch die Erfolge eines Tennisspielers entsteht. Die erste Frage sei immer: Und was kommt noch?
«Fragen wie: Wie lange willst du noch die Nummer eins bleiben? Wann gewinnst du dein nächstes Grand-Slam-Turnier? Welches wird dein nächster Sieg sein?» Das sei ein Problem, so Federer. Anstatt es zu geniessen, müsse man zu schnell weitermachen, sich beweisen.
Schon vor zwei Wochen sprach Federer an einer Pressekonferenz in Japan über diesen Druck. «Ich glaube, es war mir gar nicht so bewusst, wie sehr dieser Gedanke immer da ist und einen begleitet. Bis man zurücktritt und dann merkt, dass der ganze Stress wegfällt», so der Schweizer in Tokio.
Die Freundschaften auf der Tour
«Deshalb habe ich mit Novak und Rafa nicht mehr so viel trainiert.»
Vielen Leuten sei nicht bewusst, wie eng man auf der Tennis Tour mit seinen Rivalen sei, sagt Federer, angesprochen auf seine vielen Freundschaften, die er über die Jahre geknüpft hat.
«Wir teilen uns die gleiche Umkleidekabine. Wir teilen uns die gleichen Restaurants. Normalerweise werden wir in denselben Hotels untergebracht. Wir sehen uns also die ganze Zeit. Und wir trainieren sogar zusammen!» Das sei im Tennis wohl einzigartig, sind sich Noah und Federer einig. Er hätte viel mit Stan Wawrinka («my guy!») trainiert, und, im Laufe der Zeit, weniger mit Novak Djokovic oder Rafael Nadal – zu gross war die Rivalität und das Risiko, zu viel vom eigenen Spiel preiszugeben.
Das Karriereende
«Ich konnte bei meinem Abschied in Tenniskleidung sein. Das war immer meine Vision.»
Roger Federer hätte sich keinen schöneren Abschied vorstellen können, als am Laver Cup in London: «Im gleichen Team zu sein, mit Rafa, Novak, Andy, das hat die ganze Dynamik meines Abschieds verändert.» Dabei sei es nicht mal klar gewesen, ob Nadal auch wirklich dabei sein konnte – schliesslich war seine Frau damals hochschwanger.
«Ich habe ihn nach den US Open angerufen», erinnert sich der Schweizer. «Es war ein sehr emotionaler Anruf, da es das erste Mal war, dass ich jemandem ausserhalb der Familie und meines Teams von meinem Rücktritt berichtete.» Nadal habe sofort zugesagt: «Ich werde da sein, egal was.»
«Es war wunderbar, dass er wirklich dabei sein konnte – mit allen anderen.» Federer habe gewusst, dass es sehr emotional werden würde.
«Weisst du, ich habe bei Siegen und Niederlagen immer viel geweint, als ich jünger war.»
Natürlich sorgte diese Aussage für Gelächter – Federers Tränen in der Öffentlichkeit sind weltberühmt, und nicht zuletzt ein Grund für seine Beliebtheit. «Und ich weiss nicht, warum, aber ich tue es. Aber ich bin glücklich, weil ich mich dadurch irgendwie noch mehr an diese Momente erinnere.»
Die Zeit danach: Coach oder Kommentator?
Trevor Noah, der selbst kaum aus dem Schwärmen herauskam, betonte seinerseits, wie viel die beiden gemeinsam hätten. «Wir sind beide halb Schweizer, halb Südafrikaner, wir spielen beide Tennis, sprechen mehrere Sprachen. Und wir haben 20 Grand-Slam-Titel zwischen uns aufgeteilt – verrückt!»
Der Moderator habe sich sehr gefreut, als er in der Schweiz war und Federer ihn anrief und anbot, ihm das Land zu zeigen. «Du bist der beste Tour-Guide!»
Für die Schweiz werben, das macht Federer auch nach seiner Karriere noch: Für Schweiz Tourismus hat er bereits zwei Werbespots mit Hollywood-Grössen gedreht. Nun gestand er, dass er an der Seite von Anne Hathaway äusserst nervös gewesen sei – nicht zuletzt, weil das Skript so oft gewechselt worden sei, dass er keine Ahnung mehr hatte, was er sagen musste. «Also haben sie all diese Teleprompter für mich erstellt, damit ich dort ablesen konnte.»
Dann gibt Federer noch einen kleinen Einblick in seine Pläne. Er habe genug zu tun, mit vier Kindern, seiner Wohltätigkeitsorganisation und verschiedenen geschäftlichen Tätigkeiten. Aber:
«Ich will schauen, wie ich vielleicht in irgendeiner Form im Tennis involviert bleiben kann. Ich bin mir noch nicht sicher, wie es weitergehen wird.» Im Tennis gäbe es ja nicht so viele Jobs gibt wie im Fussball oder im Golf. «Wir Tennisspieler werden entweder Trainer oder Kommentator.»
Nach seinem Rücktritt gab es vermehrt Gerüchte, wonach Federer beim Schweizer Fernsehen als Kommentator engagiert werden könnte.
Wie er nicht auf das Wimbledon-Gelände kam
Die wohl unterhaltsamste Anekdote des Abends erzählt Federer, als ihn Trevor Noah auf ein Gerücht anspricht: Er habe gehört, dass dem Schweizer vor kurzem der Eintritt auf das Wimbledon-Gelände verwehrt wurde.
«Das stimmt», sagt Federer. Vor zwei Wochen habe er nach einem Arztbesuch in London zwei Stunden überbrücken müssen. «Lass uns schnell in Wimbledon einen Tee trinken gehen», habe er zu Coach Severin Lüthi, der ihn begleitet hatte, gesagt. Er sei allerdings noch nie in Wimbledon gewesen, ohne dass er dort Tennis gespielt hatte. Während des Turniers kriegen die Spielerinnen und Spieler einen Badge, mit dem sie Zutritt erhalten. Während der restlichen Tagen im Jahr ist die Anlage allerdings nur für Mitglieder reserviert.
Er habe Lüthi gesagt, kein Problem, er habe es im Griff, sei aus dem Auto ausgestiegen und auf die Security-Lady, die vor dem Eingang stand, zugelaufen. Er habe sie gefragt, wie man genau auf das Wimbledon-Gelände käme. «Wissen Sie, wo die Türe ist? Oder wo ist das Eingangstor …?», habe er gefragt. «Haben Sie einen Mitgliederausweis?», war prompt die Rückfrage. «Ich sagte ihr: ‹Ja schon, ich habe einen.› Aber, ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wo der sein sollte – wahrscheinlich irgendwo zu Hause. Ich weiss wirklich nichts über Mitgliederausweise.»
Da man nach einem Wimbledon-Sieg automatisch Mitglied wird, sei er aber sicher, dass er eine besitze. Er fragte also abermals, wie man auf die Anlage gelangen könne. «Sie wiederholte, dass ich ein Mitglied sein müsse, um hineinzukommen. ‹Aber ich bin Mitglied. Ich frage mich nur, wo ich reinkommen kann!› Und sie sagte, ja, aber Sie müssen Mitglied sein. Irgendwann merkte ich: Okay, das wird schwierig hier …»
Es folgte ein nächster Anlauf: «Normalerweise, wenn ich hier bin, spiele ich. Und es sind viele Leute da. Und ich komme auf eine andere Art und Weise. Jetzt ist es das erste Mal, dass ich hier bin, während das Turnier nicht läuft. Und ich weiss nicht, wo ich reinkomme.» Die Frau habe erneut geantwortet: «Naja, andere Seite – aber man muss Mitglied sein.»
«Also schaue ich sie ein letztes Mal an, und jetzt bin ich in Panik. Und es tut mir so leid – und ich kann immer noch nicht glauben, dass ich das sage –, weil ich mich immer noch schlecht fühle deswegen.» Aber er habe sie angesehen und ihr gesagt: «Ich habe dieses Turnier achtmal gewonnen. Bitte, glauben Sie mir.» Er sei sich zu diesem Zeitpunkt allerdings plötzlich nicht mehr hundertprozentig sicher gewesen: «Sind es sieben? Sind es acht?»
Am Ende ist Federer dann doch noch auf das Gelände gekommen – aber erst, nachdem er es bei anderen Security-Leuten an einem anderen Eingang versucht hatte. Die Reaktionen? «Oh, Herr Federer! So schön, sie zu sehen. Haben Sie ihren Mitgliederausweis?»
Als er verneinte, hätten sie ihn aber trotzdem hereingelassen.
Trevor Noahs Reaktion: «Aber, um die Frau zu loben: Ich glaube, sie hat eine Gehaltserhöhung verdient. She was gangster about it.»