Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth zu den Nationalbank-Verlusten: «Das ändert nichts am Budget 2023»
Zuerst waren es 212 Millionen, danach 160 und schliesslich Null: Im Laufe des Jahres 2022 hat der Kanton Aargau die budgetierte Nationalbank-Gewinnausschüttung mehrfach angepasst, bis man schliesslich nicht mehr darauf zählte. Unterdessen ist klar: Die Millionen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kommen nicht, die Jahresbilanz der SNB liegt 2022 132 Milliarden Franken im Roten.
Ein harter Schlag für einen Kanton, der unter anderem 240 Millionen Franken zur Rettung des Kantonsspitals Aarau berappen muss – könnte man meinen. Doch nichts davon sei für die Finanzlage des Kantons Aargau besorgniserregend, sagt Regierungsrat Markus Dieth, Vorsteher des Departements Finanzen und Ressourcen.
Im vergangenen halben Jahr haben wir viel darüber diskutiert, was es bedeuten könnte, falls gar kein Geld von der SNB kommt. Was ändert nun die heute Ankündigung für die Planung des Finanzdepartements und das laufende Jahr 2023?
Es ändert sich nichts. Im Rahmen der Beratung des Aufgaben- und Finanzplans 2023–2026 hat der Grosse Rat zusammen mit dem Regierungsrat im Herbst das Budget 2023 zur SNB aufgrund der hohen Verluste in den ersten drei Quartalen korrigiert und ein Budget ohne Ausschüttung für 2023 beschlossen.
Wird das Jahresergebnis 2022 im Minus liegen?
Nein. Das Rechnungsjahr 2022 hat sich sehr erfreulich entwickelt. Wir rechnen damit, dass trotz der notwendigen Rückstellung über 240 Millionen Franken für das Kantonsspital Aarau das vom Grossen Rat beschlossene Budget 2022 eingehalten und die Rechnung ausgeglichen abgeschlossen werden kann. Das provisorische Rechnungsergebnis 2022 werden wir Mitte März 2023 bekannt geben.
Im Herbst 2022 hat der Grosse Rat das abschliessende Budget 2023 verabschiedet – und rechnet mit einem Defizit von 296,5 Millionen Franken. Die Rechnung wird dank Mitteln aus der Ausgleichsreserve ausgeglichen sein. Dabei hat sich gelohnt, dass der Kanton in den vergangenen Jahren starke Überschüsse schrieb und deshalb Reserven ansparte. Dass der Kanton jedoch sein Budget 2022 wegen der drohenden SNB-Defizite mehrmals anpassen musste und 2023 die Gewinnausschüttung gar nicht erst einplante, sollte für Finanzdepartemente ein Warnruf sein, schrieb unser damaliger Politchef Mathias Küng im November: Hitzige Debatte im Grossen Rat: Budgets nur noch ohne Nationalbank.
Keine Gewinnausschüttung der SNB für das Jahr 2023, das Millionen-Hilfspaket für das KSA, sind das nicht trübe Aussichten für die nächsten Jahre?
Dank der vorausschauenden Finanzpolitik der letzten Jahre ist der Kanton Aargau gut auf die finanziellen Herausforderungen der nächsten Jahre vorbereitet. Wir sind praktisch schuldenfrei und verfügen aufgrund der Überschüsse der letzten Jahre über hohe angesparte Reserven von aktuell 722 Millionen Franken. Damit können wir vorübergehend auch allfällige Defizite auffangen und gleichzeitig weiterhin gezielt in die Zukunft des Kantons investieren. Diese Einschätzung wird auch von der Ratingagentur Standard & Poor’s geteilt, die dem Kanton im Dezember das höchste Rating AAA verliehen hat. Dies im Wissen um die ausbleibende SNB-Gewinnausschüttung und das Finanzhilfegesuch von 240 Millionen Franken für das Kantonsspital Aarau.
Also sind keine Sparmassnahmen nötig?
An der aktuell stabilen Finanzlage ändert sich aufgrund des Jahresergebnisses der SNB nichts. Der Regierungsrat wird jedoch die weitere Entwicklung der Finanzlage genau beobachten und analysieren, damit er rechtzeitig Massnahmen ergreifen kann. Mit der anstehenden Erarbeitung der Planungsvorgaben für das Budget 2024 wird der Regierungsrat die Situation laufend neu beurteilen und die nötigen Weichenstellungen vornehmen.
Die Grünen haben mehrfach bemängelt, der Kanton plane die SNB-Gewinnausschüttungen zu konservativ ein – für die Grünen ein Trick, um weniger Geld an soziale Projekte zu budgetieren. Sieht sich das Finanzdepartement in seiner Zurückhaltung bestätigt?
Wie auch die Ratingagentur bei der Erteilung des AAA-Ratings festgestellt hat, hat sich unser umsichtiges Finanzmanagement mit auch zurückhaltender Budgetierung der SNB-Gewinnausschüttungen bewährt. Daran wollen wir festhalten, auch wenn zwischendurch einzelne Parteien und Fraktionen gerne offensivere Budgetierungen von höheren Gewinnausschüttungen gesehen hätten. Als Finanzdirektor habe ich stets darauf hingewiesen, dass es sich bei den Zusatzausschüttungen um einen Sonderfaktor handelt und man diese Einnahmen nicht für laufende Ausgaben brauchen soll. Deshalb haben wir damit einerseits Schulden abgebaut und andererseits Einlagen in die Ausgleichsreserve getätigt. Dieses vorausschauende Handeln zahlt sich nun aus.
Für die heutige Grossratssitzung ist ein Vorstoss zu den Nationalbank-Millionen traktandiert. Christoph Riner, Hansjörg Erne und Emanuel Suter (alle SVP) fordern, dass nicht nur der Kanton, sondern auch die Gemeinde von den bislang jährlichen Ausschüttungen profitieren. Gemeinden hätten, im Gegensatz zum Kanton, keine Möglichkeit, eine Ausgleichsreserve mit Nationalbank-Geldern zu schaffen, schreiben die drei Grossräte. Lasten und Aufgaben würden zwischen Kanton und Gemeinden aufgeteilt, so solle es auch bei ausserordentlichen Ausschüttungen der Nationalbank sein.Der Regierungsrat lehnt das ab. Eine Beteiligung der Gemeinden an den Ausschüttungen würde dem Grundsatz der Aufgabenteilung von Kanton und Gemeinden zuwiderlaufen, begründet er: Würden die Gemeinden zusätzliche Gelder erhalten, müsste man auch die Aufgabenverteilung neu regeln, so will es das Gesetz. Weil aber die SNB-Ausschüttungen schlecht planbar sind, sei dieser Grundsatz gar nicht umsetzbar. (eva)