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18 Pässe und 22874 Höhenmeter: So feiert Walter Bäni seine Pensionierung

Als Radsprinter mehrfacher Schweizer Meister und Achter an den Olympischen Spielen von Montreal 1976, wollte Walter Bäni das Jahr seines 65. Geburtstags auf besondere Weise zelebrieren. Und zwar mit einem «Jahr der Pässe». Nachfolgend schildert er seine Erlebnisse.

Meine Vorgabe war einfach: Ich wollte möglichst viele Pässe befahren – und dabei möglichst am tiefsten Punkt starten, damit viele Höhenmeter zusammenkommen. Denn schliesslich hatte ich das Jahr meiner Pensionierung zum «Jahr der Pässe» erklärt. Zudem wollte ich auch wieder einmal meine eigenen Grenzen ausloten.

Walter Bäni auf dem Chasseral mit wunderbarer Aussicht auf Bieler-, Neuenburger- und Murtensee.

Als «geborener Sprinter» mit dem Prädikat «Sehr schnell – und sehr schnell müde» gehört stundenlanges Bergauffahren nicht zu meinen Kernkompetenzen. Meine Vorbereitung begann am 1. Januar. Ehe ich im Juni mit dem «Klausen» meinen ersten Pass in Angriff nahm, legte ich durchschnittlich jeden Tag 200 Höhenmeter zurück. Oft drehte ich dabei die Wiliberg-Runde. Nach dem Aufstieg fuhr ich hinunter zur Moosersäge und nahm die nächste Bergfahrt zum Wiliberg in Angriff. Gelegentlich fünf- oder sechsmal hintereinander! Manche Anwohner haben sich sicher gefragt, was dieser Verrückte wohl treibt, wenn ich schon wieder vorbeifuhr.

Zur Person

Walter Bäni ist freier Journalist und ehemaliger Radrennfahrer. Er ist in Uerkheim aufgewachsen, lebte und arbeitete lange in Davos und wohnt seit etwas mehr als einem Jahr in Schöftland. Er arbeitet unter anderem als freier Mitarbeiter für den «Landanzeiger». (zt)

500 Höhenmeter pro Stunde

«Warum tust du dir das an?», diese Frage kam natürlich oft. Ich tue mir gar nichts an, ich mache mir ein grosses Geschenk! Es sind schöne Gefühle, wenn man nach stundenlangem Bergauffahren endlich die Passhöhe erreicht. Müdigkeit, Erleichterung, Dankbarkeit, Stolz, Genugtuung, Freuden­tränen! Und da ist natürlich auch die Faszination, was mein mittlerweile 65-jähriger Körper noch zu leisten imstande ist. Am Startort stellte ich jeweils mein Wohnmobil ab. So konnte ich mich hinterher in aller Ruhe waschen und bei Bedarf auch ein wenig hinlegen! Die meisten Passfahrten absolvierte ich mit meinem Uralt-Mountainbike der Marke Gerber (Baujahr 1987). Es hat leicht rollende Reifen und verfügt über jene «Senioren-Übersetzungen», mit denen ich auch steile Abschnitte bewältigen kann. Durchschnittlich schaffte ich pro Stunde rund 500 Höhenmeter. Natürlich machte ich unterwegs Pausen. Wenn ich an einem besonders schönen Aussichtspunkt vorbeikam, setzte mich hin und genoss die wunderbare Bergwelt.

Freude herrscht: Die Grosse Scheidegg ist erreicht, im Hintergrund der Eiger.

Äpfel und Choco-Drink als Energielieferanten

Ich bin kein Anhänger von teuren Riegeln oder Sportgetränken. Bei meinen Fahrten hatte ich nebst einer vollen Flasche Eistee immer einen Apfel, zwei Viertelliter Choco-Drink und eine Dose Energy-Drink mit dabei. Dies soll nicht als Ernährungstipp verstanden werden! Es schmeckt mir und versorgt mich mit der notwendigen Energie. Der Energy-Drink hat mich mehrmals über die schwierige letzte halbe Stunde «gerettet» und mir buchstäblich Flügel verliehen. Konkrete Ziele hatte ich mir keine gesetzt, ich wollte die Fahrten einfach nur geniessen. Ich betrachtete mein Projekt nicht als Wettbewerb. Sicherlich gibt es Leserinnen und Leser die schon weitaus beeindruckendere Fahrten absolviert haben.

Der Klausen war der Auftakt zu Bänis Pässefahrten.

Nun habe ich 18 Pässe und 22874 Höhenmeter geschafft und dabei viele schöne Momente erleben dürfen. Im Oktober wurde ich in Holziken von ­einer unvorsichtigen Automobilistin «abgeschossen». Ich hatte bei diesem Unfall sehr viel Glück und mehrere Schutzengel. Ich darf mich nicht ­beklagen. Aber unfreiwillig bedeutete dies das Ende meines Pässe-Jahrs und der vielen schönen Ausfahrten.

Diese Pässe erhalten einen «Oscar» Ende des Jahres verleiht Walter Bäni seine persönlichen «Pass-Oscars».

Grösste Höhendifferenz:

Stilfserjoch (1844 Meter)

Nie-wieder-Pass:

Julier (schier endlose Flachstücke, zwischendurch sogar Abfahrten, lästig!)

Steilster Pass:

Grosse Scheidegg (1962 M.ü.M)

Meist unterschätzter Pass:

Ibergeregg (1406 M.ü.M.)

Höchster Pass:

Stilfserjoch (2760 M.ü.M.)

Schlechtestes Wetter:

Oberalp (in der Schöllenen heftiges Gewitter)

Beeindruckendster Pass:

Stilfserjoch (ein Meisterwerk der Strassenbaukunst)

Schönste Szenerie:

Grimsel (2163 M. ü. M.)

Holprigster Pass:

Tremola (Kopfsteinpflaster … es müssen Millionen von Steinen sein)

Stärkster Gegenwind:

Splügen (ab Startort Thusis bis zur Passhöhe permanent)

Am meisten Verkehr:

Susten

Kältester Pass:

Nufenen (2439 M. ü. M., Winterkleidung erforderlich)

Schönster 360-Grad-Rundblick:

Chasseral (1606 M. ü. M.)

Am meisten Spitzkehren:

Stilfserjoch: 48! Und alle fein säuberlich nummeriert