Suzanne Marclay über ihren Rücktritt: «Mit den teilweise parteipolitisch und ideologisch geprägten Grabenkämpfen tue ich mich schwer»
Es kam unerwartet, auch für ihre Fraktion: Suzanne Marclay-Merz (FDP) gab ihren Rücktritt aus dem Grossen Rat per Ende Januar bekannt.
Die Aarauer Stadträtin war erst im Dezember 2019 für die in den Nationalrat gewählte Maja Riniker ins Kantonalparlament nachgerutscht. Sie hatte bei den Grossratswahlen 2016 überraschend den ersten Ersatzplatz gemacht, obwohl sie bis dahin politisch nicht gross in Erscheinung getreten war. 2020 schaffte sie die Wiederwahl problemlos. «Sie brachte als Aarauer Stadträtin in Kombination mit ihrer unternehmerischen Erfahrung und Kompetenz optimale Voraussetzungen mit», würdigt sie Benjamin Böhler, Co-Präsident der FDP Aarau.
Marclay beschreibt in ihrem Rücktrittsschreiben den Entscheidungsprozess so: «Nachdem ich im letzten Jahr mehrere krankheitsbedingte Absenzen zu verzeichnen hatte, liess mir die Festtags-Grippewelle Zeit für eine vertiefte Auslegeordnung.»
Gegenüber der AZ führt Marclay-Merz weiter aus, sie habe sich «rasch und gut» in den Ratsbetrieb eingearbeitet und insbesondere die Kommissionsarbeit sehr geschätzt. «Als Grossrätin tätig zu sein, war für mich eine Ehre», sagt sie. «Gleichzeitig habe ich aber auch festgestellt, dass mir – als überzeugte Sachpolitikerin – die Arbeit in der Exekutive mehr liegt. Mit den teilweise parteipolitisch und ideologisch geprägten Grabenkämpfen im Rat tue ich mich schwer.»
Sie habe ausserdem mittlerweile eine Weiterbildung (ein CAS für Verwaltungsräte am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern) abgeschlossen und beschlossen, dass sie spätestens Ende Legislatur aufhören würde – «entsprechend stellte sich natürlich die Anschlussfrage, ob ein vorzeitiger Rücktritt in Frage kommt».
Und bei dieser Frage spielte für die Aarauerin eine entscheidende Rolle, dass bei ihrem Rücktritt der Aarauer Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker nachrutschen kann: «Selbstverständlich hatte die Tatsache, dass mein Nachfolger meines Erachtens die Idealbesetzung im Grossen Rat ist, einen Einfluss auf den Zeitpunkt meines Rücktrittes», sagt sie. «Wir sind ein gutes Team im Stadtrat und auch politisch stehen wir uns nahe. Ich könnte mir persönlich keinen besseren Nachfolger im Grossen Rat vorstellen als unseren Stadtpräsidenten.»
Marclay-Merz schreibt in ihrem Rücktrittsschreiben, sie wolle «in Zukunft wieder stärker in der Privatwirtschaft tätig sein». Die Juristin arbeitete zwar einige Zeit als Gerichtspräsidentin in Kulm. Sie war zuvor aber auch schon Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Schweiz und arbeitete in den Kanzleien Baker McKenzie sowie Walder Wyss. Sie habe aber noch keinen neuen Job, sagt Marclay auf Anfrage: Zuerst nehme sie nochmals eine Weiterbildung in Angriff, ein CAS Strategisches Management an der HSG.
Und natürlich wolle sie sie sich auf ihre Tätigkeit als Stadträtin konzentrieren, sagt Marclay-Merz weiter. Auf Anfang 2022, ihre zweite Legislatur, hatte sie die Ressorts Sicherheit, Öffentliche Anlagen und Entsorgung an Silvia Dell’Aquila abgegeben und dafür Kultur sowie Sport übernommen. Ihr erster grosser Erfolg war die gewonnene Kiff-Abstimmung im Herbst.
«In meinem Ressort stehen viele spannende Aufgaben an», sagt sie mit Blick aufs 2023. «Aktuell sind wir intensiv mit dem Projekt im Winkel (Ausbau Fussballplätze) beschäftigt. Gleichzeitig prüfen wir weitere Optimierungen der Fussball- und Sportinfrastruktur.»
Das Projekt Halle Obermatte Buchs nehme ausserdem wieder Fahrt auf – «neben dem Tennisclub Aarau und dem AKA Basketball-Club ist nun auch der BTV Aarau Volleyball mit an Bord», verrät sie. «Im Kulturbereich stehen wir kurz vor der Verabschiedung der neuen Kulturstrategie, aufgrund welcher wir diverse Massnahmen in Angriff nehmen werden. Auch die Zukunft der Stadtbibliothek wird uns beschäftigen.»
Ihre anderen Ämter und Mandate behält Suzanne Marclay-Merz, insbesondere das Präsidium des Kantonspolizei-Verbandes und das Verwaltungsratspräsidium der Bank Leerau.