Keine Steuergelder mehr für Fleisch-, Käse- und Milchwerbung: Greenpeace erhöht den Druck auf die Politik
Das Plakat zeigt eine Fleischplatte mit Aufschnitt, Salami und Wurst. Darüber prangt der Slogan «Die Pralinenschachtel für den Mann». Mit solchen Plakaten warb die Branchenorganisation Proviande vor knapp zehn Jahren für Schweizer Fleisch. Inzwischen kommt die Werbung zwar etwas moderner daher, doch das Ziel blieb dasselbe: Proviande propagiert den Konsum von Fleisch aus Schweizer Produktion.
Finanziert werden diese Werbekampagnen unter anderem mit Steuergeldern. Der Bund stellt den Branchenorganisationen zur Absatzförderung von Schweizer Landwirtschaftsprodukten finanzielle Mittel zur Verfügung. Dabei gilt: Der Bund zahlt die Gelder nur aus, wenn mindestens die Hälfte der Marketingkosten durch die betroffene Branche selbst zur Verfügung gestellt wird. Für das laufende Jahr sind beim Bund über 60 Millionen Franken für die Absatzförderung budgetiert. Davon fliesst rund ein Drittel in die Vermarktung von Schweizer Käse im In- und Ausland, für Fleisch investiert der Bund 5 Millionen Franken jährlich, für Butter und Milch 7,4 Millionen Franken.
Das ärgert Alexandra Gavilano, Kampagnenleiterin bei Greenpeace: «Es kann nicht sein, dass unsere Steuergelder für das Marketing von Produkten verwendet werden, die nachweislich für die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel verantwortlich sind.» Deshalb hat Greenpeace im Parlament unter dem Titel «Keine Steuergelder für Werbemärchen» eine Petition eingereicht. Darin fordert die Umweltorganisation die Politik auf, die Absatzförderung für Fleisch, Eier, Käse und Milch zu streichen. Denn laut Gavilano «dienen diese Gelder vor allem den grossen Detailhändlern». Bisher sei nicht nachgewiesen, dass die Landwirtinnen und Landwirte davon profitieren.
Bauernpräsident verteidigt Werbegelder
Nachdem der Ständerat der Petition im vergangenen Juni eine Abfuhr erteilt hat, beschäftigt sich am Dienstag die Wirtschaftskommission des Nationalrats damit. Mit am Tisch sitzt dann auch Bauernverbandspräsident und Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG). Er verteidigt das Instrument der Absatzförderung vehement: «Diese Mittel werden nicht dafür eingesetzt, dass mehr von einem bestimmten Produkt verkauft wird. Vielmehr trägt die Absatzförderung dazu bei, dass sich Schweizer Produkte gegenüber Importen behaupten können.» Es gehe also darum, mit diesen Geldern den «Mehrwert von Schweizer Landwirtschaftserzeugnissen» hervorzustreichen, so Ritter.
Diese Argumentation lässt Gavilano von Greenpeace nicht gelten: «Mit Fleisch, Milch oder Käse promoten wir hierzulande auch Produkte, deren Erzeugung weitgehend von importierten Futtermitteln abhängt – insbesondere bei Schweinen und Geflügel.» Sie verweist darauf, dass der Bedarf an Kraftfutter in der Schweiz zu mehr als der Hälfte mit «klima- und biodiversitätsschädigenden Importen» gedeckt werden müsse. Gavilano hofft, «dass die Politik nun endlich Verantwortung übernimmt und die Bundesverwaltung beauftragt, zumindest einmal zu untersuchen, inwiefern die Absatzförderung oder andere Subventionen klimaschädigend wirken».
Untersuchung zu biodiversitätsschädigenden Subventionen läuft
Eine Untersuchung mit ähnlichem Inhalt hat der Bundesrat im vergangenen Juni in Auftrag gegeben. Er reagierte damit auf eine Studie zu biodiversitätsschädigenden Subventionen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Schnee, Wald und Landschaft. Bis Ende 2024 sollen das Wirtschafts- und das Umweltdepartement konkret aufzeigen, wie sich acht bestimmte «Bundessubventionen» auf die Biodiversität auswirken. Untersucht wird dabei auch die Absatzförderung für Milch, Fleisch und Eier, weil diese im Verdacht steht, eine konsumsteigernde Wirkung zu haben.
Gavilano kann sich vorstellen, dass im Rahmen dieser Evaluation zugleich negative Auswirkungen auf das Klima untersucht werden. Unterstützung erhält sie vor allem von linker Seite: Nebst den Grünen und der SP befürworten auch die Grünliberalen die Greenpeace-Petition. Dennoch hat das Anliegen einen schweren Stand. In jüngster Vergangenheit erlitten sämtliche ähnlich lautenden Vorstösse spätestens im Parlament Schiffbruch.