Der Tag, der die Welt für immer veränderte
Viele Menschen erinnern sich noch ganz genau daran, wo sie waren und was sie taten, als sie am 11. September 2001 von den Terroranschlägen in den USA erfuhren. Es war ein traumhafter Spätsommertag, und auf der Redaktion des Zofinger Tagblatts rückte die nachmittägliche Kaffeepause näher. Es sollte ein viel längerer Arbeitstag werden als geplant.
Um 8.46 Uhr Ortszeit (14.46 Uhr Schweizer Zeit) donnert American-Airlines-Flug 11 in den Nordturm des World Trade Centers in New York City. Um 9.03 Uhr folgt der – bereits live im TV übertragene – Einschlag von United-Airlines-Flug 175 in den Südturm. Beide Gebäude stürzen wenig später ein. Um 9.37 Uhr treffen Terroristen mit einer entführten Maschine das Pentagon. Ein viertes entführtes Flugzeug stürzt nach Kämpfen mit Passagieren kurz nach 10 Uhr in Pennsylvania ab. Der terroristische Massenmord kostet 2996 Menschen das Leben.
Dieser Text stammt aus der Sonderbeilage «150 Jahre Zofinger Tagblatt» vom 1. Februar 2023, in der jeweils ein Ereignis aus jedem Jahrzehnt seit der ersten Ausgabe des ZT vertieft betrachtet wird.
Kooperation mit «Aargauer Zeitung» angekündigt
«Horror-Terror trifft die USA» titelt das Zofinger Tagblatt am 12. September. Die Abfolge der Seiten wird geändert, sechs Seiten räumt das ZT dem «Terror-Inferno» ein. Gleichzeitig gibt die Redaktion eine Neuigkeit in eigener Sache bekannt: «Die umfangreiche Berichterstattung über die Ereignisse in den USA ist dank der Zusammenarbeit mit unserem künftigen Kooperationspartner‹Aargauer Zeitung› möglich», heisst es auf der Frontseite.
Der erste Kommentar ordnet ein – und nimmt treffend vorweg, welchen neuen Herausforderungen die Welt mit einem Schlag gegenübersteht: «Unsere Sicherheitspolitik ist auf eine offene Gesellschaft ausgerichtet, die dem Einzelnen möglichst grosse Bewegungsfreiheit bieten will. Ziel der Terroristen ist, diese freiheitlich-demokratische Welt zu destabilisieren. (…) Nicht nur die USA, sondern wir alle sind in naher Zukunft auf eine beispiellose Probe gestellt.»
Der 11. September als historische Zäsur
Auch in den darauffolgenden Tagen dominiert die Berichterstattung über die Anschläge vom 11. September die Zeitung. Das ZT ordnet ein, holt Stimmen ab, bringt Hintergründe. Nachdem der SMI über sieben Prozent eingebrochen ist, beruhigt Nationalbank-Vize Bruno Gehrig die Gemüter mit der Aussage, die Anschläge würden nur begrenzte Auswirkungen auf die Wirtschaftslage haben. Im Fokus sind nun vor allem die Opfer und das unermessliche Leid, das die Hinterbliebenen zu tragen haben. «Auch Schweizer Opfer befürchtet», titelt das ZT am 13. September – eine Sorge, die sich leider bewahrheitet, wie sich später herausstellen wird: Unter den 2996 Toten sind auch zwei Schweizer Staatsangehörige.
Schnell beginnt die Debatte über den religiösen Fanatismus, von dem die Täter angetrieben waren: «Terror kann sich niemals auf die Religion stützen! Unsere Religion lässt es nicht einmal zu, einen anderen Menschen ungerechtfertigt zu beunruhigen», sagt der Imam der Islamischen Gemeinschaft Solothurn im Interview. Wie tief der Schock sitzt, erkennt man auch daran, dass Programme von Veranstaltungen kurzfristig umgestellt werden. Kirchenräte der drei Aargauer Landeskirchen wollen im Rathaus Zofingen eigentlich über die soziale und wirtschaftliche Zukunft der Schweiz sprechen – aus der Veranstaltung wird dann eine Gedenkstunde, in der über den Terror und die Spirale des Hasses nachgedacht wird.
Jagd auf bin Laden
Zum ersten Jahrestag von «Nine Eleven» blickt auch das ZT auf die Ereignisse vom 11. September 2001 zurück. Im Fokus ist der Drahtzieher, der «islamistische Führer Osama bin Laden». Es sollten noch mehr als acht Jahre ins Land ziehen, bis die USA diesen aufstöberten. In der Nacht zum 2. Mai 2011 erschossen US-Soldaten bin Laden in seinem Versteck in Pakistan. Zum ersten Jahrestag schreibt as ZT: «Ohne die Anschläge auf das World Trade Center wirklich verdaut zu haben, sind die Amerikaner wieder zum Alltag zurückgekehrt.»
Was wohl inzwischen viele vergessen haben: Am Freitag, 14. September, steht die Schweiz um punkt 12 Uhr drei Minuten lang still – das ZT berichtet darüber am Samstag auf der Front. Aufgerufen zum kollektiven Gedenken hat der Bundesrat – das letzte Mal tat er dies beim blutig niedergeschlagenen Ungarn-Aufstand 1956.
Viele ZT-Leserinnen und -Leser haben am Ende dieser Woche im September 2001 den Eindruck, dass sie Zeuge einer historischen Zäsur geworden sind: Es gibt eine Welt vor dem 11. September – und eine danach. Oder wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» titelt: «Es wird nichts mehr so sein, wie es war.»