Nun kommt die Initiative für einen nachhaltigen Finanzplatz – tritt die SP damit den Grünen ins Gärtchen?
Die Idee geistert schon länger herum, nun soll sie zum Fliegen kommen: eine neue Volksinitiative, die den Schweizer Finanzplatz nachhaltiger macht. Der Grundsatz: Banken, Versicherer und andere Finanzmarktakteure sollen keine Geschäfte mehr tätigen dürfen, die dem Pariser Klimaschutzabkommen widersprechen. Sie sollen also beispielsweise nicht mehr in die Kohleindustrie oder Ölpipelines investieren dürfen.
Die SP will am Samstag an ihrem Parteitag die Eckwerte zur Initiative verabschieden. «Das Ziel ist klar: Die Banken und Versicherungen dürfen die Klimakrise nicht weiter anheizen», fordert SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Sie verweist auf eine Studie der Beratungsfirma McKinsey, wonach der hiesige Finanzplatz 14- bis 18-mal mehr Treibhausgasemissionen verantwortet, als die Schweiz im Inland ausstösst. «Wir haben hier einen mächtigen Hebel, um die Klimakrise zu bekämpfen.»
Entsprechende Initiativpläne haben in der Vergangenheit schon die Jungen Grünen gewälzt sowie die Klima-Allianz, ein Bündnis von über 140 Organisationen. Die SP will die Initiative auch nicht alleine lancieren – im Gegenteil: «Die SP ist Teil einer Allianz, die gemeinsam auf eine Initiative hinarbeitet», sagt Meyer.
Profilierung im Wahljahr? «Ganz sicher nicht!»
Trotz breitem Bündnis: Die SP lanciert nach der Klimafonds-Initiative erneut ein «grünes» Volksbegehren. Will sie sich im Wahljahr damit profilieren – auf Kosten auch der Grünen? «Ganz sicher nicht», sagt Meyer. «Die Klimakrise ist eine riesige Herausforderung, die wir zusammen angehen müssen.» SP und Grüne arbeiteten bereits bei der Klimafonds-Initiative bestens zusammen, betont sie.
Dasselbe ist auch von den Grünen zu hören. Präsident Balthasar Glättli sagt: «Entscheidend ist, dass wir eine breite Allianz bilden können, damit wir dieses wichtige Thema voranbringen.» Die SP habe sich stark mit dem Finanzplatz beschäftigt, «und die Grünen haben beim Thema nachhaltiges Finanzsystem eine hohe Glaubwürdigkeit», daher dränge sich eine Zusammenarbeit auf. Für Glättli ist klar: «Falls die Volksinitiative lanciert wird, sind die Grünen in einer Allianz mit dabei.»
Klima-Allianz: Finanzplatz in die Pflicht nehmen
Auch die Klima-Allianz hatte in der Vergangenheit ähnliche Initiativpläne. «Wir sind seit längerem in Kontakt mit verschiedenen Akteuren», sagt Geschäftsleiter Christian Lüthi. Ob die Klima-Allianz das Volksbegehren unterstützen werde, entscheide sie, wenn der Initiativtext vorliege. «Grundsätzlich ist für uns klar, dass der Finanzplatz in die Pflicht genommen werden muss», sagt er.
Politiker suchen nicht nur den Weg via Stimmvolk, sondern auch via Parlament. Es brauche beides, findet Nationalrat Gerhard Andrey, der bei den Grünen das Thema mitverantwortet. Bei den Bürgerlichen stosse das Thema auf offenere Ohren als früher, sagt der Grüne. Er sieht durchaus Chancen, im Parlament eine Mehrheit zu finden für einen Schritt hin zu einem nachhaltigen Finanzplatz. Bei der Volksinitiative sei ein Knackpunkt, dass es lange dauere, bis sie zur Abstimmung komme. «Gleichzeitig ist die öffentliche Auseinandersetzung wichtig, die sie mit sich bringt», sagt er. «Ich bin überzeugt: Den Menschen ist es nicht egal, wohin ihre Pensionskassengelder fliessen.»
Die SP kann bei ihrem Engagement für die Initiative auf ein spezielles finanzielles Polster zurückgreifen: Ein Mann, der mit einer umweltfreundlichen Krypto-Währung quasi über Nacht reich wurde, spendete der SP 600’000 Franken für den Abstimmungskampf zum CO2-Gesetz und die Erarbeitung der inhaltlichen Grundlagen zur Lancierung der Finanzplatz-Initiative, wie die Tamedia-Zeitungen 2022 berichteten.