Ein Angriff wegen nichts – zur Strafe wird er fünf Jahre des Landes verwiesen
Ein neues Auto ist ein Grund zu feiern. Dass man aber auf Leute losgeht, die das nicht tun wollen, das ist doch aussergewöhnlich. Und doch so passiert, im Oktober 2020. Ein heute 33-Jähriger und ein weiterer Mann wollten «zwei Kollegen eine Lektion erteilen, da diese nicht mit ihnen den Neukauf eines Autos feiern wollten». Das ist einem kürzlich publizierten Urteil des Obergerichts zu entnehmen. Der Beschuldigte, um den es in diesem Urteil geht, hat dann auch noch einem der Opfer einen Fusstritt versetzt, als es schon am Boden lag.
Verhandelt worden war der Fall des Mannes, der die rumänische und die moldawische Staatsbürgerschaft hat, in Aarau. Zum Valentinstag 2022 erhielt er weder Rosen noch Pralinen, sondern sein Urteil: Eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und einen Landesverweis von fünf Jahren. Gegen letzteres wehrte er sich beim Obergericht.
Kein persönlicher Härtefall
Dieses findet gleich mehrere Gründe, es dabei zu belassen. Verurteilt wurde der Mann wegen eines Angriffs – das ist eine Katalogtat. Die Landesverweisung aufheben könnte das Gericht, wenn es sich um einen persönlichen Härtefall handeln würde.
Tut es aber nicht. Zunächst einmal sei der Mann seit erst rund dreieinhalb Jahren in der Schweiz, die «prägende Jugend- und Adoleszenzphase» habe er in Moldawien verbracht. Integriert habe er sich kaum. Er spricht kaum Deutsch, er sei weder in einem Verein aktiv oder sonst in einer kulturellen Institution engagiert, heisst es im Urteil. Seine Freizeit verbringe er vorwiegend mit Menschen, die ebenfalls aus dem Ausland kommen. Am Sonntag treffe er seine Freunde jeweils an Autowaschanlagen.
Angekreidet wird ihm auch, dass es in seinem Heimatland Brauch sei, dass man Freunde zum Trinken einlade, wenn man ein Auto kauft. Indes: Nicht der Beschuldigte selbst, sondern der Mittäter hatte ein neues Auto gekauft.
«Renitenz und Gleichgültigkeit gegenüber Regeln»
Die berufliche Situation lässt auch nicht auf einen Härtefall schliessen. Zwar hat sich der Mann mit einer Firma selbstständig gemacht. Allerdings: Der Monatslohn, den er angeblich den Angestellten auszahlt, übersteigt die Einnahmen der Firma um ein Vielfaches. Er habe einen Grossauftrag in Aussicht, sagte der Beschuldigte zwar. Das Obergericht findet aber: «Die Zukunftsvisionen erscheinen als übertrieben und beschönigend.»
Unbescholten ist der Mann zudem auch nicht, hat schon gegen Verkehrsregeln und das Gewässerschutzgesetz verstossen. «Das Verhalten des Beschuldigten zeugt von Renitenz und Gleichgültigkeit gegenüber Regeln, Gesetzen und staatlicher Obrigkeit», heisst es im Urteil. Dass es mehrfach zu häuslicher Gewalt kam, mildert diesen Umstand ganz und gar nicht.
Seine Frau und die beiden kleinen Töchter haben ebenfalls die moldawische und die rumänische Staatsangehörigkeit. Auch sie sind noch nicht lange in der Schweiz und haben einen starken Bezug zum Heimatland. Es sei ihnen deshalb zumutbar, «den Mann bei der Ausreise in sein Heimatland zu begleiten», heisst es im Urteil weiter.
Das muss aber nicht sein: «Der Ehefrau des Beschuldigten steht es – gerade auch mit Blick auf die ehelichen Probleme und Scheidungsabsichten – aber auch frei, mit den Töchtern zusammen in der Schweiz zu verbleiben und den Kontakt zum Beschuldigten durch Kommunikationsmittel oder Besuche aufrechtzuerhalten.»