Brutal aktuell: Eine brillante TV-Serie zeigt, warum die Gewalt in Nahost kein Ende nimmt
Militante Palästinenser feuern aus dem Gazastreifen tödliche Raketen auf Israel. Bei einer Razzia des israelischen Militärs im Westjordanland werden zehn Palästinenser getötet: Diese und weitere Schreckensnachrichten aus Nahost haben in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sich der Konflikt zwischen Israel und Palästina wieder verschärft. Just in diese Eskalation hinein strahlt Netflix die vierte Staffel der Erfolgsserie «Fauda» aus.
Ohne den Ausgang der zehn Folgen zu verraten: Teile davon spielen in jenen Hotspots, die jetzt wieder für traurige Schlagzeilen sorgen. Etwa in so genannten Flüchtlingslagern, wo die Antiterroreinheit des israelischen Inlandgeheimdienstes einen palästinensischen Terroristen jagt. In dessen Keller lagern Raketen, und er ist in die Verschleppung und Folterung eines israelischen Geheimdienstmitarbeiters verwickelt.
Was ein palästinensisches Flüchtlingslager ist, wird erst verständlich, wenn man eins mit eigenen Augen gesehen hat. Es sind sind keine temporären Lager, sondern eigentliche Städte, mit älteren und neueren Häusern, die meisten in schlechtem Zustand. Das Leben pulsiert: Kinder spielen Fussball, Frauen mit Kopftüchern gehen einkaufen, die Menschen bewegen sich frei. So ist es zumindest im Westjordanland – im Gazastreifen dagegen gibt es kaum normales Leben.
Das Misstrauen geht mitten durch die Ehe
In diesem pulsierenden Umfeld Antiterroraktionen durchzuführen, ist fast unvermeidlich mit Opfern verbunden. «Fauda» zeigt schonungslos, dass eine Versöhnung zwischen Israeli und Palästinensern kaum mehr vorstellbar ist. Und dass selbst innerhalb von Familien Gräben des Misstrauens bestehen.
Nebst Doron, dem wagemutigen Angehörigen der israelischen Elite-Einheit, spielt in der neusten Staffel eine gebürtige Araberin die Hauptrolle: Maya ist eigentlich perfekt in Israel integriert, sie arbeitet für die Polizei und ist mit einem Juden verheiratet. Aber die unterschiedliche Herkunft steht immer zwischen ihr und ihrem Mann. Unmöglich wird die Situation, als Mayas Bruder Omar unter Verdacht gerät.
«Fauda» zeigt, dass die Terrorbekämpfung eine nie enden wollende Sisyphusarbeit ist. Mit riesigem Aufwand und unter Inkaufnahme unschuldiger Opfer auf beiden Seiten wird ein Terrorfürst eliminiert, doch Stunden später ist schon sein Nachfolger da.
Die Serie dokumentiert aber auch eindrücklich, dass es nicht einfach das israelische und das palästinensische Lager gibt. Die proiranische Hisbollah konkurriert wie im realen Konflikt mit der Palästinenserbehörde und anderen Gruppierungen. Was sich auch der israelische Geheimdienst zu Nutzen macht.
Die Dreharbeiten hätten in Kiew stattfinden sollen – da kam der Krieg
Manchmal wird die Fiktion von der Realität überholt. Die Dreharbeiten vor einem Jahr hätten in Kiew beginnen sollen, doch wegen der russischen Invasion mussten die Filmemacher nach Budapest ausweichen. Nun stellt Brüssel statt Kiew die europäische Islamismus-Hochburg Brüssel (genauer Molenbeek) dar, wo die neuen Folgen beginnen. Dorons Einheit ist auf belgischem Territorium im Einsatz und wundert sich, wie lasch die Europäer im Kampf gegen den islamistischen Terror vorgehen.
«Fauda» bekommt auf Bewertungsportalen Top-Noten und beschert Netflix Top-Quoten. Daran glaubten einst nicht viele. Die Autoren blitzten anfänglich bei mehreren Produktionsfirmen ab, keine israelische TV-Station wollte «Fauda» anfänglich verfilmen.
Ob es eine fünfte Staffel gibt? Der Erfolg der bisherigen Ausstrahlungen legt es nahe, und der Schluss der vierten Staffel lässt alle Möglichkeiten offen.