Der Jäger, der schlaue Gegner mag: «Ich machs nicht wegen des Geldes»
Am Sonntag montierte Kurt Lüscher mit seiner Helferin Susanna Anker aus Holziken in seinem Revier von 900 Hektaren Grösse 18 Salzlecken für Rehe. Ohne diese Salzlecken würden die Rehe ihren Salzbedarf mit Weisstannentrieben decken. Regen löst die Steine auf. Einschnitte in den Stämmen halten das Salzwasser zurück. «Ein Tropfen Anisöl hilft den Rehen, die Steine zu finden», weiss Kurt Lüscher. Und er stellt fest: Die letzten Steine haben sich im Gegensatz zu früheren Jahren nicht alle aufgelöst. Der Grund: zu wenig Regen.
«Wir haben Rehe, dass es chlöpft», sagt Kurt Lüscher. Er führt die Zunahme des Bestandes auf trockene Sommer und milde Winter zurück: Weniger Kitze würden durch Lungenentzündungen geschwächt oder gar getötet. Klimawandel? Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die Rettung von Rehkitzen, wenn die Bauern mähen. Mit Tüchern sollen die Rehgeissen davon abgehalten werden, ihre Jungen ins Gras zu legen.
Räudige Füchse sollte man unbedingt melden
Vor allem aber gilt es für den Jagdaufseher, kranke Tiere zu entfernen. «Die Räude bei Füchsen ist gefährlich», sagt er. Milben befallen die Tiere, zerstören ihr Fell; sie werden apathisch und kratzen sich zu Tode. «Ich wurde schon auf einen Kinderspielplatz gerufen, wo sich ein kranker Fuchs aufhielt», sagt er. Und er findet es wichtig, solche Beobachtungen umgehend bei der Gemeinde zu melden. Die Krankheit kann auch Hunde und Katzen und, zwar nicht mit tödlichen Folgen, den Menschen befallen.
Aktuell lauert Kurt Lüscher einem Fuchs auf, der ihm gemeldet wurde. Ein Spiel, und die Augen des Jagdaufsehers blitzen. Eine Herausforderung. Zur Zeit steht es 1:0 für den Fuchs. Er konnte das ausgelegte Huhn behändigen; Lüscher war kurz eingenickt. Diese Woche geht’s in die nächste Runde: Kurt Lüscher wird das Luder (weidmännisch für Köder) anbinden.
Wer Unfälle nicht meldet, macht sich strafbar
Ein Unfall mit einem Tier, das kann jedem Automobilisten passieren. «Dann musst du sofort die 117 anrufen», sagt Kurt Lüscher. Der Jagdaufseher wird aufgeboten. «Häufig werden Tiere auf der Umfahrungsstrasse zwischen Schöftland und Kirchleerau angefahren», weiss er. Der frische Salat des Gemüsers westlich der Suhrentalstrasse.
Und wer dann einfach weiterfährt, riskiert eine happige Strafe: Fahrerflucht, Nichteinhaltung der Meldepflicht, Verhinderung einer Blutprobe, Verlassen der Unfallstelle, Tierquälerei. Solches Wissen gibt Kurt Lüscher an Kursen an Auto- und Töff-Fahrlehrer der Deutschschweiz weiter, auf dass diese ihre Kunden auf ihre Pflichten aufmerksam machen.
Pelze verwenden ist für ihn eine Frage der Ressourcennutzung
Dauerthema Wolf. Er wäre der natürliche Feind von Fuchs und Marder, jenen Tieren, die Kurt Lüscher am häufigsten schiesst und deren Felle er bearbeitet und verkauft. Wie jüngst am Fäälimärt in Sursee, den er seit über 50 Jahren besucht. Der Erlös? Ein Pappenstiel. Acht Franken für ein Fuchsfell. «Ich machs nicht wegen des Geldes», sagt der Jäger. Ihn reue es schlicht, ein schönes Fell wegzuwerfen.
Er kennt die Diskussionen, war selber im Fernsehen, als das Pelztragen zur Gewissensfrage gemacht wurde. Für ihn ist es ein Unterschied, ob Pelztiere unter tierquälerischen Bedingungen gezüchtet werden oder ob sie, statt weggeworfen zu werden, noch Verwendung finden.
«Ob es dem Wolf wohl ist bei uns?», fragt sich Kurt Lüscher. Er sieht Parallelen zum Aufkommen der Hirsche im dicht besiedelten Mittelland. «Beide brauchen grosse, ruhige Gebiete», sagt er und ergänzt, allein ein Luchspaar brauche 80 Quadratkilometer. Er sieht schon, Tiere können sich anpassen. Aber er befürchtet, dass man dereinst den Jägern Vorwürfe machen wird, sollte ein Wolf mal einen Menschen anfallen.
Tipps gegen Marder am Auto und im Estrich
Bewunderung blitzt auf, wenn Kurt Lüscher vom Marder spricht: «Ein hoch intelligentes Tier; ich mag schlaue Gegner.» Er misst sich gerne mit ihm, berät Architekten bei baulichen Massnahmen und verrät Tipps, sie fernzuhalten: Haar-Kissen, Mottenkugeln, WC-Steine. «Aber alle drei Wochen wechseln!»
35 Jahre machte Kurt Lüscher Kehrichtabfuhr, 33 Jahre war er Totengräber, ebenso lange Brunnenmeister, 40 Jahre Wasenmeister. Wie bitte? Der Wasenmeister bewirtschaftete im Wald ein Loch, in das Metzgereiabfälle vergraben wurden. Kurt Lüscher ist auch Alleinunterhalter an Hochzeiten, Geburtstagen, Firmenjubiläen. Als Trougi (Traugott) reisst er seine Witze und Possen. Einem roten Faden entlang improvisierend geht der Menschenbeobachter auf das Publikum ein.
In den Wäldern sind die Salzlecken montiert. Im März kommen die Schilder an die Waldeingänge, die Hundehalter an die Leinenpflicht erinnern. Nicht nur Hunde stören das Wild, auch «Bikefahrer, die sich nicht an die Strassen halten und zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Scheinwerfern unterwegs sind».
Die Bockjagd, die Jagd auf Rehböcke und vorjährige Geissen, startet am 1. Mai. Die Jagd ist nicht alles: Kurt Lüscher arbeitet auf dem Bio-Mutterkuhbetrieb seines Sohnes mit – 30 Tiere, im Alter zwischen zehn Tagen und 15 Jahren.