Mit 89 km/h durch die Tempo-30-Zone – Reuiger Raser: «Ich bin mir bewusst, dass es gefährlich war»
An einem Sonntag im Mai letzten Jahres unternahm der im Kanton Zürich lebende Rui (Name geändert) mit Frau und Kind im Auto einen Ausflug in den Aargau. Auf der Heimfahrt – wie das jedem passieren kann – verfuhr er sich. Für Rui indes hatte es schwerwiegende Folgen: Er musste den Führerausweis abgeben, hat heute eine saftige offene Rechnung und ist vorbestraft.
An jenem Sonntagabend, irritiert unterwegs in unbekanntem Gelände, hatte der Portugiese seine Heimadresse im Navi aufgerufen – an und für sich eine kluge Idee. Allerdings tat Rui solches, während er das Auto lenkte und auf das Gaspedal drückte: Unterwegs auf der Fislisbacherstrasse in Rütihof, in einer Tempo-30-Zone, hatte der Audi S5 mindestens 89 km/h auf dem Tacho. Damit war Rui als Raser unterwegs. Hinzu kam, dass Rui dabei einen Fussgängerstreifen überfuhr, an dessen Seite ein Mädchen stand, um ihn zu überqueren.
Angeklagt der qualifizierten groben Verletzung von Verkehrsregeln, forderte der Staatsanwalt als Sanktionen zwei Jahre Freiheitsstrafe bedingt, mit einer Probezeit von 2 Jahren, sowie 2000 Franken Busse. Da Rui Anklage und Strafmass akzeptierte, musste das Gesamtgericht Baden prüfen, ob alle Voraussetzungen für ein verkürztes Verfahren erfüllt sind. Präsidentin Gabriella Fehr stand eine Übersetzerin zur Seite.
Er will zurück nach Portugal
Rui, mager in Jeans und gestreiftem Hemd, trägt einen kleinen Spitzbart und das leicht grau melierte Haar mit Gel himmelwärts gekämmt, beschäftigt sich vor der Verhandlung glücklich mit seinem vierjährigen Söhnchen, das ihn mit Mama zusammen begleitet. Gartenbauer Rui war 2006 wegen der Arbeit in die Schweiz gekommen. 2018 heiratete er eine Landsfrau. Wenn der Sohn schulpflichtig ist, will die kleine Familie zurück nach Portugal. Nachdem ihm das Billett entzogen worden war, hatte er die Stelle verloren, im September aber eine neue gefunden.
Seine Vergehen beschönigte Rui nicht. Er habe es nicht pressant gehabt, aber es habe eine Diskussion mit seiner Frau gegeben, das Kind sei müde gewesen und habe geweint. Auf Fragen von Präsidentin Fehr antwortet er offen: Das Mädchen am Fussgängerstreifen habe er nicht bemerkt und er wisse nicht, warum er nicht angehalten oder seine Frau das Navi habe programmieren lassen. «Aber ich weiss, dass ich einen Fehler begangen habe und mir ist bewusst, dass es gefährlich war», lässt der Reuige übersetzen.
Nach kurzer Beratung erhob das Gericht die Anklage einstimmig zum Urteil. Zwei Jahre hängt nun das Damoklesschwert der bedingten Freiheitsstrafe über Rui. Bezahlen muss er nebst der Busse von 2000 Franken auch die Verfahrenskosten in ähnlicher Höhe. Die Kosten seiner amtlichen Verteidigerin gehen, unter Vorbehalt, auf Staatskosten.