Die unfaire Seite der Schokolade – und was diese Aargauerin damit zu tun hat
Es ist Osterzeit – was den Schokoladenkonsum bei Jung und Alt traditionsgemäss in die Höhe treibt. Für die Produktion der beliebten Süssigkeit wird dabei bekanntlich auch auf Kakaobohnen zurückgegriffen. Was viele jedoch nicht wissen: Über ein Drittel der weltweiten Kakao-Produktion wird von der Elfenbeinküste abgedeckt. Sechs Millionen Ivorerinnen und Ivorer sind von diesen Einnahmen abhängig.
Auf den kleinen Plantagen in der Elfenbeinküste, die zum Teil illegal betrieben werden, ist Armut sehr verbreitet. Dies führt manchmal dazu, dass Kinder als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden, obwohl dies vom Staat verboten wird. Minderjährige dürfen offiziell keine zu schwere Bohnen-Zuber transportieren oder die Kakao-Schoten mit scharfen Macheten entkernen.
In über fünfzig Dörfern tätig
Der Verein CABOZ Action Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung an der Elfenbeinküste zu verbessern. «Wir haben im Jahr 2012 auf ganz bescheidene Art angefangen», sagt Vereinspräsidentin Silvia Dingwall, die in Obersiggenthal wohnt. «Seitdem hat sich die Organisation aber ziemlich entwickelt und wir sind in über fünfzig Dörfern tätig.»
Als Dingwall noch im ETH-Bereich Kurse gab, gehörte ein Ivorer zu den Teilnehmenden. Dieser hatte im Sinn, eine ivorisch-schweizerische Kakaofirma als Sozialunternehmen in seinem Heimatland auf die Beine zu stellen und fragte die Obersiggenthalerin an, ob sie beim Projekt mithelfen wolle.
Daraus entwickelte sich neben einer Kakaofirma auch die Nichtregierungsorganisation CABOZ Action Schweiz.
Gemeinsamer Finanzhaushalt von Männern und Frauen
Der Verein verfolgt zwei Ansätze gleichzeitig, indem er zum einen in den sogenannten Kakao-Dörfern Sozialprojekte durchführt, zum anderen aber auch die lokale Wirtschaft nachhaltig fördern will.
Die Schwerpunkte der gemeinnützigen Arbeit liegen dabei in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Trinkwasserversorgung und «Frauen Empowerment». Letzteres umfasst etwa die Förderung von Spargruppen und Einkommensdiversifizierung. «Traditionell haben Frauen aus dieser Gegend Probleme, an Geldmittel zu gelangen», sagt Dingwall. Häufig hätten sie auch nur wenig Schulbildung.
Auch das allgemeine Bildungsniveau ist in den Kakao-Dörfern eher tief und die beruflichen Möglichkeiten nur begrenzt. Viele zieht es deshalb eher in die Städte, weil man sich dort mehr Chancen auf Arbeit erhofft. Mit Bildungsprojekten will der Verein die Armut und ausbeuterische Kinderarbeit im Kakao-Sektor bekämpfen. So unterstützt der Verein etwa Familien dabei, Geburtsurkunden für ihre Kinder zu erhalten, die für den Besuch der Schule nach der Primarstufe vorausgesetzt werden.
Unter anderem versucht CABOZ Action Schweiz aber auch, mithilfe von Rollenspielen, jungen Männern und Frauen die Vorteile der geteilten Familienarbeit und dem gemeinsamen Budgetieren näher zu bringen. «Speziell für die Männer gibt es dabei immer wieder Aha-Erlebnisse», meint die Präsidentin schmunzelnd.
«Öffentlicher Druck muss grösser werden»
Zu den Unterstützern des Vereins gehört unter anderem auch die Gemeinde Obersiggenthal, die sich finanziell an der Konstruktion von Trinkwasseranlagen beteiligt. Neben solchen Infrastrukturen werde der Grossteil der Gelder aber vor allem für die Löhne des ivorischen Personals benötigt, das sich vor Ort um die verschiedenen Projekte kümmert und Schulungen durchführt.
Die schweizerisch-ivorische Sozialanthropologin Kathrin Heitz-Tokpa, die seit fast zehn Jahren in der Stadt Abidjan lebt, vertritt CABOZ Action vor Ort und leitet die Projekte des Vereins. Unterstützung erhält sie von Einheimischen, die selber von den Bildungsprojekten profitieren konnten und ihr erlangtes Wissen nun weitervermitteln.
Auf die Schweiz bezogen sieht Dingwall aber noch Handlungsbedarf: «Der öffentliche Druck muss in diesem Bereich grösser werden.» Mehrere der grossen Schweizer Detailhandelsunternehmen würden nämlich noch immer Schokolade verkaufen, die kein Fairhandels- oder Nachhaltigkeitssiegel aufweisen. Dingwall sagt: «Die Menschen in der Schweiz müssen vermehrt auf diese Thematik hingewiesen werden.»