«Autoposer»-Gesetz im Gegenwind: Werden Auto- und Töfffahrer unter Generalverdacht gestellt?
Sie drehen mit ihren getunten Schlitten Runden durch Städte und Dörfer, beschleunigen übermässig, lassen den Motor aufheulen: Der Ärger über sogenannte Autoposer ist gross, auch in der Politik. Um das Problem anzugehen, hat das Parlament vor zwei Jahren den Bundesrat beauftragt, Massnahmen gegen übermässig laute Fahrzeuge und Fahrstile auszuarbeiten. Der Entscheid fiel mit grosser Mehrheit.
Nun, da es um die konkrete Umsetzung geht, bläst der Vorlage aber namentlich aus der Wirtschaft ein kräftiger Wind entgegen, wie die Vernehmlassung zeigt. Der Schweizerische Gewerbeverband etwa warnt, sie sei «Ausdruck einer allgemeinen autofeindlichen Ideologie, welche die Gefahr von Willkür birgt».
Ziel des Bundesrats ist es, das Verursachen von vermeidbarem Lärm einfacher und strenger zu bestrafen, je nach Vergehen im Wiederholungsfall auch mit Ausweisentzug. Gewisse Verhalten sollen neu gebüsst werden können, etwa das Anfahren mit durchdrehenden Reifen. Es ist ein ganzes Bündel an Massnahmen, das der Bundesrat vorschlägt.
Billett weg: Die Angst der Berufsfahrer
Dagegen wehrt sich etwa der einflussreiche Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Er findet, das bestehende Recht reiche aus, um unnötigen Strassenlärm zu sanktionieren. Economiesuisse unterstützt offiziell die Position des Verbands freier Autohändler Schweiz (VFAS). Dessen Geschäftsleiter Stephan Jäggi sagt: «Lärm, der vermieden werden kann, soll vermieden werden. Aber die Vorschläge des Bundesrats gehen zu weit und treffen die Falschen.»
Die Botschaft des Verbands, wie sie zwischen den Zeilen seiner Vernehmlassungsantwort hervorschimmert: Statt die Autoposer könnten am Schluss Auto- oder Töfffahrer sanktioniert werden, die unabsichtlich mehr Lärm machen als nötig. «Berufsfahrer müssten Angst haben, den Ausweis zu verlieren, selbst wenn sie sich korrekt verhalten, beispielsweise, wenn ihr Fahrzeug von anderen Personen unsachgemäss gewartet wurde und deshalb Lärm entsteht», sagt Jäggi.
Der VFAS stört sich unter anderem daran, dass zu schnelles Beschleunigen in Kurven und Steigungen untersagt und das Anfahren mit durchdrehenden Reifen gebüsst werden soll. Gerade bei Fahrzeugen mit schwächerem Motor sei es nötig, in Steigungen stärker zu beschleunigen, argumentiert der Verband. Auch könne es vorkommen, dass die Räder durchdrehten. «Es ist ein grosser Unterschied, ob ich das absichtlich mache oder nicht», sagt Jäggi.
Kein Verständnis hat der VFAS auch dafür, dass der Bundesrat die Verwendung von gewissen Sportmodi in Ortschaften verbieten will. Diese seien offiziell zugelassen, sagt Jäggi. Damit werde in die Eigentumsgarantie des Fahrzeugbesitzers eingegriffen, der die Funktionalitäten seines Fahrzeugs dadurch nicht mehr vollumfänglich nutzen könne.
Kritik kommt unter anderen auch von der Vereinigung auto-schweiz. Und der Mobilitätsclub TCS ruft die Vollzugsbehörden vorsorglich dazu auf, die Regeln «gezielt anzuwenden, ohne dabei sämtliche Fahrzeuglenker unter Generalverdacht zu stellen».
Härtere Massnahmen gefordert
Doch es gibt auch jene, die sich schärfere Massnahmen wünschen: Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten findet, es seien weitergehende Massnahmen notwendig, um die Bevölkerung vor unnötigen und exzessiven Lärmemissionen schützen zu können. Unter anderem wendet die Konferenz ein, eine Busse in der Höhe von 80 Franken habe keine präventive Wirkung.
Wie es mit der Vorlage weitergeht, entscheiden nun der Bundesrat und anschliessend das Parlament. Jene, denen die Massnahmen zu weit gehen, dürften auf Verkehrsminister Albert Rösti (SVP) hoffen. Er hat das Dossier von Vorgängerin Simonetta Sommaruga (SP) geerbt – und er hat eine gewisse Affinität zur Autobranche: Er war vor seiner Wahl in den Bundesrat einige Monate Präsident von auto-schweiz, der Vereinigung der offiziellen Automobil-Importeure.