«Bally» zieht ins Tessin, das Schuhmuseum bleibt – was die Stiftung am Luganersee vorhat
Feststimmung in Lugano-Castagnola: In Anwesenheit von internationalen Pressevertretern eröffnete am Mittwoch die Bally Foundation offiziell ihren neuen Stiftungssitz in der historischen Villa Heleneum. Das prächtige Gebäude liegt mitten in einem Park direkt am Ufer des Luganersees – unweit der bekannten Villa Thyssen. Eine Traum-Location.
«Diese Eröffnung markiert den Beginn einer neuen und wichtigen Phase in der Entwicklung der Stiftung, die nach 17 Jahren endlich einen festen Standort hat», so Bally-CEO Nicolas Girotto. Die Förderung von Kunst und Kultur gehöre zur DNA der Firma.
Die erste Ausstellung nutzt das Potenzial des Ortes. «Un lac inconnu – ein unbekannter See» lautet der Titel. Die Werke verstehen sich laut Stiftung «als Aufforderung an Landschaft und Natur, in die Räumlichkeiten der Stiftung einzudringen, von ihnen Besitz zu ergreifen, mit ihnen in Resonanz zu treten und sie zu überfluten, bis die Grenzen zwischen innen und aussen verschwinden und wir unsere unterschiedlichen Beziehungen zur Umwelt neu überdenken».
Die Schau auf drei Etagen umfasst rund 20 Werke beziehungsweise Installationen von internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Kuratiert hat die Ausstellung die neue Direktorin der Stiftung, Vittoria Mattarese, die bis vor kurzem das Palais de Tokyo in Paris leitete und nun nach Lugano gezogen ist.
Lange kursierte das Gerücht, Bally würde sein Schuhmuseum im Haus zum Felsgarten, einst Wohnhaus des Firmengründers Carl Franz Bally in Schönenwerd, nach Lugano verlegen. Doch das ist nicht der Fall, wie Bally-Mediensprecher Martin Hellrich auf Anfrage ausführt. Das Museum in Schönenwerd sei momentan geschlossen; die dortige Ausstellung werde überdacht. «Es finden momentan Gespräch mit dem Kanton Solothurn statt.»
Mehr könne man dazu nicht sagen. Auch das Archiv bleibe physisch dort, werde aber in Zusammenarbeit mit der Universität der italienischen Schweiz und weiteren Partnern am Lifestyle Tech Competence Center (LTCC) in Manno bei Lugano digitalisiert.
Hélène Biber als treibende Kraft
Mit der künstlerischen Arbeit der Stiftung Bally kehrt die Villa Heleneum in gewisser Weise zu ihren Wurzeln zurück. Die Villa ist eine originalgetreue Kopie des Petit Trianon von Versailles und wurde zwischen 1930 und 1934 in dem Jugendstil-Park gebaut. Treibende Kraft war Hélène Biber, eine deutsche, in Paris tätige Varietétänzerin, die in ihrem Luganeser Wohnsitz eine mondäne und kulturelle Begegnungsstätte einrichten wollte.
Biber starb 1967 nach einem bewegten Leben, und die Liegenschaft wurde von der Stadt Lugano erworben, die sie für verschiedene Zwecke nutzte, bis 2015 als Sitz des Museums für aussereuropäische Kulturen (Musec), das dann in die Villa Malpensata (im Zentrum von Lugano und nahe des LAC) gezügelt ist.
Die Stadt Lugano hatte verschiedene Interessenten für die Nutzung der Villa Heleneum, hat aber am Ende der Bally Foundation den Vorzug gegeben, weil ihr das Konzept besonders zusagte, aber das Angebot auch aus finanzieller Sicht am attraktivsten schien, wie einer Antwort auf eine Anfrage im Gemeinderat aus dem Jahr 2021 zu entnehmen ist.
Demnach hat Bally die Kosten für die Renovation übernommen und wird eine jährliche Miete von 120’000 Franken bezahlen, die ab dem dritten Nutzungsjahr auf 150’000 Franken steigt. Eine kleine Cafeteria wird für das Publikum geöffnet sein. Der Zugang zur ersten Etage und zum Park ist im Übrigen frei. «Wir wollen kein Museum sein, sondern ein offener Ort des Austausches», so Nicolas Girotto.
Für Bally ist die Villa Helenum wiederum eine gute Möglichkeit, Präsenz im Tessin zu markieren. Denn in Caslano befindet sich der internationale Sitz der Firma und immer noch ein Teil der Produktion. An ihrem Sitz in der Villa Heleneum will die Stiftung pro Jahr zwei Ausstellungen zeitgenössischer Kunst organisieren. Darüber hinaus sind Kooperationsaktivitäten mit regionalen Kultur- und Bildungseinrichtungen geplant, und ab 2024 soll die Villa auch Künstlerresidenz sein.
Die Stadt Lugano ist froh über die Präsenz der Bally Foundation. «Das ist für unser städtisches Angebot eine optimale Ergänzung», sagt der städtische Kulturdirektor und Vizestadtpräsident Roberto Badaraccho anlässlich der Eröffnung.