Albert Rösti zu Besuch bei der SVP Zurzach: «Es ist schlimm, dass die Schweiz keine sichere Stromversorgung hat»
Eine Minute vor Veranstaltungsbeginn betritt Albert Rösti den Saal. Der Bundesrat schüttelt Hände, winkt und strahlt – wie man ihn kennt. Als er in der ersten Reihe der Auftaktveranstaltung der SVP Zurzach Platz nimmt, spielt die Brass Band Kleindöttingen-Leibstadt den Titelsong von «Mission Impossible». Doch es ist keine unmögliche Mission, die Bundesrat Rösti am Mittwochabend verfolgt.
Es ist lediglich sein erster Auftritt als Bundesrat im Aargau. Nach genau 116 Tagen im Amt spricht Rösti vor seinen ersten Erfahrungen. Konkret stellt der Bundesrat drei Ziele vor, die ihm besonders wichtig sind: Die Energieversorgung, der Ausgleich zwischen Stadt und Land sowie eine gesicherte Infrastruktur.
Die Schweiz hat keine gesicherte Stromversorgung
«Es ist schlimm, dass ein wohlhabendes Land wie die Schweiz keine sichere Stromversorgung hat», sagt Rösti. Zwar hätten der Krieg in der Ukraine sowie der Ausfall der AKW in Frankreich dazu beigetragen, doch Rösti sieht auch ein Selbstverschulden der Schweiz. So sei das Atomkraftwerk in Mühleberg abgestellt und viele andere Energieprojekte seien blockiert worden.
Dennoch will Rösti jetzt keine Technologiediskussion, wichtig sei die mittelfristige Situation. «Eine Debatte über Atomstrom können wir dann allenfalls noch immer führen», aber auf die Schnelle könne nur mehr Strom mit Wasser-, Solar-, Wind- und Biogasanlagen produziert werden. Alle anderen Technologien bräuchten deutlich mehr Zeit, bis sie verfügbar sind.
Er sei nicht dafür, die ganze Schweiz mit Solaranlagen, Staumauern oder Windrädern zu überbauen. Aber es sollen Gebiete geschaffen werden, wo die Stromproduktion Vorrang habe, sagte Rösti. So könnte die Schweiz die Energieversorgung bis in zehn Jahren sichern.
Dann müsse aber noch die ganze Dekarbonisierung bewältigt werden, hielt Rösti fest und warb für ein Ja zum Klimagesetz. «Der Bundesrat bittet euch übrigens dieses Gesetz anzunehmen», sagte er beiläufig. Erst wenn diese Hürden gemeistert seien, könnten neue Technologien ins Auge gefasst werden.
Rösti will den Stadt-Land-Graben füllen
Während seiner Karriere habe er oft ein zunehmendes Unverständnis zwischen städtischen und ländlichen Gebieten festgestellt, sagte Rösti. Ein gutes Beispiel sei der Wolf. Während Städter darin ein schönes, schützenswertes Tier sähen, seien Bauern mit teilweise schrecklichen Bildern auf ihren Felder konfrontiert.
Aber zum Ausgleich von Stadt und Land gehört auch die Infrastruktur. Rösti nennt dabei das Beispiel der Post. Sie müsse am Markt rentieren, doch die Briefe verschwänden zunehmend und die Post müsse Stellen abbauen. Hier setze er sich für ein faire Versorgung ein.
Zudem seien viele Flächen der Schweiz, gerade in ländlichen Gebieten, nicht ausreichend mit Internet abgedeckt. Dies könne zu wirtschaftlichen Nachteilen gewisser Regionen führen. «Wenn ich mit meiner Politik dazu beitragen kann, die zwei Welten von Stadt und Land einander näherzubringen, wäre mein Ziel erreicht», sagt Rösti.
Es braucht Autobahnen und öffentlichen Verkehr
Der letzte Punkt, den Rösti ansprach, ist die Verkehrsinfrastruktur. Gerade im Aargau seien grosse Autobahnprojekte in Planung. Es bringe nichts, Milliarden in Züge zu investieren, um zwei Minuten zu gewinnen, sagte der Bundesrat. Wenn man das Geld in die Autobahn investiere und dadurch eine Viertelstunde weniger im Stau stehe, sei dies sinnvoller.
Umkehrt sei man zurzeit in der Agglomeration noch schneller mit dem Auto unterwegs. Deshalb stehe dort vor allem der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Bahnhöfe im Zentrum. «Ich halte nichts davon zu sagen, es brauche das eine oder das andere.» Es werde weiterhin beides brauchen.
Rösti erntet Kritik aus den eigenen Reihen
Bei der anschliessenden Fragerunde meldet sich der Nationalratskandidat Philipp Gut aus dem Publikum. Er spricht das beiläufig erwähnte Klimagesetz an und betont, dass die SVP dieses normalerweise als «Stromfressergesetz» bezeichnet. Rösti war vor seiner Amtszeit als Bundesrat eine der treibenden Kräfte des Referendums.
Als Bundesrat steht er aber für das Gesetz ein. Gut stellt die Frage, wie es zur Meinungsänderung gekommen sei. In seiner Antwort bleibt Rösti diplomatisch: Der Bundesrat und das Parlament hätten das Gesetz verabschiedet und als Departementsvorsteher habe er dies ohne Wenn und Aber zu vertreten.