Penisbilder und 350 Franken per Twint an Jugendliche versendet: Trotzdem kommt der Täter glimpflich davon
Marcel (Name geändert), 30, sitzt unruhig vor Gerichtspräsidentin Corinne Moser, er wiegt den Kopf, läuft rot an: Es ist ihm peinlich, hier zu sitzen, und ja, er schämt sich. Was er im letzten August geleistet hat, ist kein Ruhmesblatt.
Der kräftige Mann mit kurzem Bart, Handwerker, bei den Eltern wohnhaft, hat via sein Instagram-Profil einer 14-Jährigen angeboten, ihr Geld zu twinten. Grundlos, ohne eine Gegenleistung zu fordern. Das Mädchen, nennen wir es Mia, willigte ein und erhielt in kleinen Tranchen insgesamt 350 Franken.
Mit der zwölften Überweisung nehmen die Transaktionen eine neue Qualität an: Marcel schickt Bilder seines nackten Penis mit. Vor Gericht bleibt er vage, streitet die Taten nicht ab, auch wenn er sich nicht erinnern mag, es sich aber vorstellen könne, dass es so gewesen sei.
Obwohl Mia ihm mitgeteilt habe, weder Geld noch Bilder erhalten zu wollen, machte Marcel weiter; insgesamt etwa 50 Bilder sind zu Mia gewandert. Dazu habe er ihr, und das ist das Einzige, das er bestreitet, 500 Franken für ein persönliches Treffen angeboten.
Er sass wegen eines ähnlichen Falles schon einmal vor Gericht
Dass er zum Bild seines Penis geschrieben habe, er sei noch nicht steif, sie solle ihn steif machen, werde wohl, da er die Aussage bei der ersten Befragung so gemacht habe, stimmen. Ebenso die Aufforderung an Mia, sie solle ihm Nacktbilder von sich schicken und ein Video, in dem sie ihre Brüste massiert. Mia tats nicht; vielmehr blockierte sie Marcel auf Instagram und Whatsapp.
Marcel druckst herum, als Corinne Moser wissen will, ob er Mias Alter gekannt habe. Es könne sein, sagt er. Und als die Richterin wissen will, warum er das alles gemacht habe, verweist er auf Langeweile. Warum ein Mädchen? «Vielleicht einfacher in Kontakt zu kommen als mit einer älteren Frau», sagt er.
Auf Mia sei er zufällig über Instagram gekommen. Nein, gesprächig ist Marcel nicht. Aber auch nicht renitent. Grundsätzlich steht er zu dem, was er «Dummheiten» nennt. Dieses Wort nennt er, als ihn Moser auf einen früheren ähnlichen Vorfall anspricht, bei der er zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe bedingt verurteilt worden ist. Immerhin, und das rettet ihn vor einem Vollzug dieser Strafe, wurde er in der Probezeit nicht rückfällig.
Gerichtspräsidentin spricht die Strafe nur bedingt aus
Die Staatanwaltschaft beantragt eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 70 Franken. Also 8400 Franken. Und das unbedingt, also zu bezahlen. Dazu möchte sie ein lebenslängliches Verbot von Tätigkeiten mit Kindern. Plus die Verfahrenskosten und die Anklagegebühr von 950 Franken.
Corinne urteilt anders. Sie sieht, hier einig mit der Staatsanwaltschaft, die Tatbestände der mehrfachen Pornografie, des mehrfachen versuchten Besitzes von Pornografie und der versuchten sexuellen Handlung mit einem Kind für gegeben. Letzteres, weil er das Mädchen dazu aufgefordert hat, einen Videofilm zu machen. Moser: «Ein Treffen allein wäre noch nicht strafbar.»
Ihr Strafmass: Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 80 Franken, also 14’400 Franken. Allerdings wird sie bedingt ausgesprochen, bei einer Probezeit von vier Jahren. Da die Vorstrafe lange her sei und er sich während der Probezeit wohl verhalten habe, sei eine unbedingte Strafe nicht notwendig, begründet sie den bedingten Strafvollzug.
«Es geht um den Schutz von Kindern»
«Ich rechne nicht damit, dass Sie erneut straffällig werden», sagt die Richterin dem jungen Mann, der einer geregelten Arbeit nachgeht, nicht verschuldet ist und sich beim Arbeitgeber, so gesteht er im Vorraum des Gerichtssaals, mit einer Notlüge – Arzttermin – für den Gerichtstermin abgemeldet hat.
Die Richterin vertraut Marcel und rechnet mit der abschreckenden Wirkung des «Damoklesschwerts»: 14’400 Franken Geldstrafe bei Rückfälligkeit. Bestehen bleibt das Verbot, je mit Kindern zu arbeiten. «Ein leichter Fall ist das nicht», sagt sie. Bei bedingt ausgesprochener Geldstrafe wird zwingend eine Busse fällig. Marcel ist dennoch erleichtert. An ihm bleiben diese Busse von 1500 Franken sowie die Verfahrenskosten hängen.
«Ich hoffe, dass Sie Ihre Lehren gezogen haben», sagt Corinne Moser am Ende der Verhandlung mit Marcel, der ohne Anwalt angetreten ist, «es geht um den Schutz von Kindern.» Die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, den Fall weiterzuziehen.