Deutschland verliert mit 2:5 gegen Kanada und verpasst den WM-Titel
Olympia-Silber 2018, WM-Halbfinale 2021, Vize-Weltmeister 2023: Nur Rekord-Weltmeister Kanada war am Ende glücklicher als die deutschen Cracks, die als WM-Zweiter dennoch einen weiteren Eishockey-Meilenstein geschafft haben. Deutschland verlor am Sonntag in Tampere das erste WM-Finale seit 1930 gegen Rekord-Weltmeister Kanada 2:5 (1:1, 1:1, 0:3), spielte sich dabei aber einmal mehr in die Herzen der Fans.
Wille, Leidenschaft und Tore von John-Jason Peterka (8. Minute) und Daniel Fischbuch (34.) reichten am Ende nicht zum ersten WM-Titel. Das Team von Bundestrainer Harold Kreis war im Finale lange spielerisch besser, reist am frühen Pfingstmontag aber immerhin mit Silber als erster WM-Medaille seit 70 Jahren heim, weil Kanada am Ende kompromissloser war.
Alleiniger Rekordsieger
1953 hatte es zuletzt ebenfalls Silber gegeben, damals hatten indes nur vier Nationen eine Gruppenphase ausgespielt. Kanadas NHL-Stars sicherten sich mit dem Erfolg gegen die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes bereits zum 28. Mal den WM-Titel und sind damit nun wieder alleiniger Rekordchampion vor den aktuell ausgeschlossen Russen. Für das deutsche Eishockey ist Platz zwei bei der WM der grösste Erfolg nach Olympia-Silber 2018.
Bundestrainer Kreis als Nachfolger von Toni Söderholm krönte damit seine Premiere als Chefcoach. Der 64 Jahre alte gebürtige Kanadier war schon 2010 beim damaligen Halbfinaleinzug Deutschlands als Co-Trainer von Uwe Krupp dabei gewesen. Obwohl ihm 15 Leistungsträger verletzt und unter anderem auch die Top-NHL-Spieler Leon Draisaitl, Tim Stützle und Philipp Grubauer abgesagt hatten, formte der Trainer-Routinier eine verschworene Einheit, die kämpferisch, aber auch spielerisch überzeugte.
«Jeder spielt sehr, sehr gerne für den Harry. Er ist einfach ein toller Mensch mit einer tollen Ausstrahlung und einem tollem Charakter», lobte Frederik Tiffels vom deutschen Meister EHC Red Bull München, der Deutschland am Samstag beim famosen 4:3 nach Verlängerung gegen die USA mit seinem Tor in der Overtime ins Finale geschossen hatten.
Deutschland startete überzeugend
Schon damit waren die Zielvorgaben des DEB – Viertelfinaleinzug und direkte Olympia-Qualifikation für Mailand 2026 – übererfüllt. Mit dem Siegeszug zuvor in Finnland und Lettland begeisterte die DEB-Auswahl auch die Öffentlichkeit in der Heimat. Unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten dem deutschen Team vor dem Finale ihre Glückwünsche übermittelt. «Ich drücke fest die Daumen, dass Ihr auch heute das Eis in #Tampere zum Beben bringt und den Titel holt», hatte Baerbock wenige Stunden vor dem Spiel getwittert.
Zum ganz grossen Wurf reichte es indes nicht. Dabei legte das deutsche Team einen beherzten Start hin, tat mehr für das Spiel als die passiven Kanadier und ging nach einem schönen Schuss vom deutschen WM-Topscorer Peterka auf Traumpass von Moritz Seider in Führung. Mit Glück glich der grosse Favorit aus. Beim Ausgleich durch Samuel Blais (11.) sorgte ein abgefälschter Puck dafür, dass die Aktion überhaupt gefährlich wurde.
Die Kanadier wirkten schlagbar, das deutsche Team wurde besser und ging erneut durch den Düsseldorfer Fischbuch verdient in Führung. Auch diese Führung hielt nicht, weil die Schiedsrichter vor dem erneuten Ausgleich durch Lawson Crouse (38./Arizona) ein klares Foul Kanadas nicht ahndeten. Ein unglückliches weiteres Gegentor nach eigenem Abwehrfehler durch Blais (45.) ebnete dem Favoriten nun den Weg zum Erfolg. Tyler Toffoli (52.) von den Calgary Flames sorgte für die Entscheidung. Scott Laughton von den Philadelphia Flyers erzielte noch den Endstand ins verwaiste Tor (59.).
Wie weiter?
Im Kreis der Top-Nationen scheint sich Deutschland dennoch fest gespielt zu haben. «Wir haben tolles Eishockey gespielt über das ganze Turnier. Wir haben gezeigt, dass wir gegen die Grossen nicht nur mitkämpfen, sondern auch mitspielen können», sagte Kapitän Moritz Müller bei MagentaSport. Das ehrgeizige Ziel von Ex-DEB-Präsident Franz Reindl, bis 2026 regelmässig um Medaillen bei grossen Turnieren mitspielen zu können, erfüllte sich früher als gedacht und erhofft. «Seit 2018 ist jeder dieses ganz grosse Niveau von den Deutschen gewohnt», sagte Weltverbandspräsident Luc Tardif am Finalwochenende in Tampere.
Wie immer nach einem unerwartetem Erfolg wie jetzt stellt sich nun die Frage, wie nachhaltig das deutsche Eishockey den Schwung nutzen kann. Der Zuschlag für die Heim-WM 2027 am vergangenen Freitag könnte dabei helfen, wenn der DEB schnell Konzepte für die Jugend und ein Bewusstsein in der Gesellschaft schafft. «Ich glaube, dass wir immer etwas entfachen können», sagte Kapitän Müller, der bereits 2018 Olympia-Silber gewonnen hatte, zu den Erfolgen des Nationalteams. (dpa)