Mehr Natur am Hallwilersee: Der Kanton Aargau will Uferabschnitte natürlicher gestalten
Schön sieht es aus, das Boniswiler-Seenger Ried. Das Flachmoor am Nordende des Hallwilersees bietet über 150 Vogelarten und seltenen Fliessgewässerlibellen einen Lebensraum, Amphibien finden Laichplätze in den Kleinweihern und Gräben. Auf fast zwei Kilometern ist das Ufer unberührt.
Mit der Ökomorphologie werden Veränderungen der Natur durch den Menschen untersucht und kategorisiert. Wer das Geoportal des Kantons aufruft und sich die Ökomorphologie des Hallwilersees anzeigen lässt, sieht entlang des Ufers viele blaue und grüne Linien, aber auch gelbe, orange und rote.
Knapp vierzig Prozent sind blau oder grün. Bedeutet: Das Ufer ist naturnah oder wenig beeinträchtigt durch den Menschen gegenüber dem Naturzustand. Über 60 Prozent sind gelb, orange oder rot: beeinträchtigt, naturfremd oder künstlich. Durch Ufermauern, Bootshäuser oder Hafenanlagen.
Künftig soll es wieder mehr blaue und grüne Linien geben. Sprich: Die Ufer sollen wieder natürlicher werden. Dies teilt das Amt für Umwelt des Kantons in seinem Informationsbulletin mit.
Welche Ufer lohnen sich für eine natürliche Gestaltung?
Mit der strategischen Revitalisierungsplanung werden Uferabschnitte identifiziert, wo es sich laut Amt für Umwelt lohnt, sie natürlicher zu gestalten. Dabei stellt sich die klassische Frage nach Aufwand und Ertrag: «Der Nutzen ist umso höher, je schlechter der jetzige ökomorphologische Zustand eines Abschnittes ausfällt und je grösser dessen ökologische und landschaftliche Bedeutung ist», schreibt das Amt. Naturschutzgebiete oder Gebiete mit seltener Flora oder Fauna hätten eine grosse ökologische Bedeutung.
Der Aufwand wird unter anderem durch die menschlichen Bauten bestimmt. Will heissen: Eine niedrige Ufermauer liesse sich leichter entfernen als ein Bootshaus oder gar eine Hafenanlage. Das Amt für Umwelt hat sämtliche Nutzungen und Anlagen am Ufer erfasst und den Nutzen einer Revitalisierung analysiert. «Das Resultat der Analyse wurde von Expertinnen und Experten im Feld überprüft», heisst es im Bulletin. In einem zweiten Schritt seien die Resultate in Workshops mit Gemeinden und Interessenvertretenden diskutiert und überarbeitet worden.
Zwei Kilometer könnten naturnaher gestaltet werden
Dabei zeigt sich: Auf rund zwei Kilometern oder 14 Prozent des Seeufers auf Aargauer Boden schätzt das Amt die Aufwertung als besonders lohnenswert ein. Längere Abschnitte mit hohem Nutzen hätten sich dort ergeben, wo Naturschutzgebiete von kantonaler Bedeutung an den See grenzen und die Ökomorphologie unzureichend ist. Als Beispiel nennt das Amt das Ägelmoos in Beinwil am See.
Auf rund 4,5 Kilometern oder 30 Prozent des Ufers sei der Nutzen einer Revitalisierung mittel, auf 8,3 Kilometern oder über der Hälfte gering, wie das Amtanalysiert hat. Die Behörde hat nun bestimmt, welche Massnahmen umgesetzt werden und in welchem Zeitraum dies geschehen soll.
Der Kanton hat die Planung beim Bund eingereicht
Mit dem Revitalisierungsprojekt setzt der Aargau nationale Vorgaben um. Denn die Kantone sind per Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer dazu verpflichtet, eine Planung zu erstellen. Diese wurde vom Aargauer Regierungsrat verabschiedet und beim Bund eingereicht.
Der Hallwilersee ist mit dem Schloss Hallwyl im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung enthalten. Begründet wird die Bedeutung des Sees im Inventar mit der vielfältigen Kulturlandschaft, dem Vorkommen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten oder als Fundstelle bronzezeitlicher Pfahlbauten.