Von wegen Nesthocker: Junge Tessiner verlassen das Hotel Mama früher als alle anderen Schweizer
In der Schweiz werden die meisten jungen Menschen zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr flügge. Mit 20 Jahren ist bereits etwas mehr als jede und jeder Vierte von zu Hause ausgezogen, mit 22 Jahren sind es bereits 50 Prozent. Mit 25 Jahren haben dann 76 Prozent das Hotel Mama verlassen. Und von den 30-Jährigen leben weniger als 10 Prozent noch unter dem Dach der Eltern. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung des Bundesamts für Statistik (BFS).
Es gibt allerdings «beträchtliche Unterschiede» im Auszugsverhalten der jungen Menschen – vor allem bezüglich Geschlecht, Geburtsjahrgang und Staatsangehörigkeit. Der Bildungsstand und die Sprachregion spielen laut BFS dagegen eine geringere Rolle.
Frauen werden deutlich früher flügge als Männer
So verlassen junge Frauen das Elternhaus «einiges früher» als ihre männlichen Artgenossen: Mit 25 Jahren sind bereits 83 Prozent aller Frauen ausgezogen. Bei den Männern sind es dann erst 68 Prozent. Zwar verkleinere sich dieser Unterschied mit steigendem Alter. Dennoch bestehe auch bei den 30-Jährigen eine Differenz von 7 Prozentpunkten zwischen den Geschlechtern, hält der Bund fest.
Männer halten es also deutlich länger aus unter dem elterlichen Dach. Ob es an Mamas Küche, dem Wäscheservice oder finanziellen Gründen liegt, geht aus der Untersuchung leider nicht hervor.
Von wegen Nesthocker: Niemand zieht früher aus als die Tessiner
Auffallend ist, dass Personen aus den an die Schweiz angrenzenden Länder früher von zu Hause ausziehen als Schweizerinnen oder andere Ausländer. So haben mit 20 Jahren bereits 43 Prozent der Personen mit deutscher, französischer, italienischer, österreichischer oder liechtensteinischer Staatsangehörigkeit die elterlichen Fittiche verlassen. Bei Personen aus anderen Ländern sind es laut BFS lediglich 31 Prozent, bei Schweizerinnen und Schweizern gar nur 24 Prozent.
Unterschiede gibt es auch in den Sprachregionen. Signifikant ist er bei den 20-Jährigen: In der deutschen Schweiz sind knapp 27 Prozent von zu Hause ausgezogen und in der französischen Schweiz sind es 30 Prozent. In der italienischen Schweiz wohnen dagegen bereits 35 Prozent nicht mehr bei den Eltern.
Das BFS vermutet, dass dieser «relativ frühe Auszug» der jungen Tessinerinnen und Tessiner mit dem Beginn eines Hochschulstudiums zusammenhängt. Der Unterschiede gleiche sich mit zunehmendem Alter denn auch aus.
Am längsten unter dem elterlichen Dach leben die Kroatinnen und Kroaten. Laut Eurostat sind sie 33,4 Jahre alt, wenn sie ihr zu Hause verlassen. Die Slowakinnen und Slowaken sind 30,8 Jahre alt, die Griechinnen und Griechen 30,7. Dahinter folgen Bulgarien und Spanien mit 30,3 Jahren, Malta mit 30,1 Jahren und Italien mit 30 Jahren.
Am unteren Ende der Rangliste liegen die nordischen Länder Finnland, Schweden und Dänemark. Die Finninnen und Finnen sind im Durchschnitt 21,3 Jahre jung, wenn sie flügge werden, die Schweden 21,4 Jahre und die Dänen 21,7 Jahre.
Heute bleibt man(n) länger zu Hause
Das BFS hat die jungen Menschen zudem in die Altersgruppen mit den Jahrgängen 1978 bis 1987 und 1988 bis 2002 eingeteilt. Hier zeige sich, dass die älteren Jahrgänge tendenziell früher ausgezogen sind. So haben etwa 39 Prozent der Frauen der älteren Gruppe mit 20 Jahren das Elternhaus verlassen. Bei der jüngeren Gruppe sind es erst 26 Prozent.
Bei den Männern sei der Trend gleich: Mit 25 Jahren leben 74 Prozent der Männer der älteren und 62 Prozent der jüngeren Altersgruppe laut BFS nicht mehr im Elternhaus. Mit 30 Jahren gibt es bei den Frauen zwischen den beiden Altersgruppen keinen Unterschied mehr, da fast alle ausgezogen sind. Bei den Männer bestehe jedoch noch immer eine Differenz von 8 Prozentpunkten.
Am stärksten unterscheide sich das Auszugsverhalten von Frauen und Männern bei den 25-Jährigen: Hier betrage der Unterschied bei der älteren Altersgruppe 12 und bei der jüngeren Altersgruppe 17 Prozentpunkte. Das BFS betont zudem, dass sich die Unterschiede beim Auszugsverhalten zwischen den Geschlechtern bei den jüngeren Jahrgängen tendenziell verstärken. (abi)